1. Bilanz des Berliner EA nach 1. Mai

ea-berlinzu unserer Arbeit:
Der Berliner Ermittlungsausschuss (EA) ist eine Rechtshilfgruppe, die seit knapp 30 Jahren existiert. Der EA kümmert sich um bei linken Demonstrationen und Aktionen Festgenommene, vermittelt sie an Rechtsanwält_innen, betreut Inhaftierte und berät in der Sprechstunde zu allen Fragen rund um Repression.
Wenn bei Festnahmen auf Demos Menschen ihre Namen rufen, der dann von Umstehenden an den EA weitergeben wird, versuchen wir dafür zu sorgen, dass sie nicht einfach „verschwinden“ und dass ihnen AnwältInnen organisiert werden können, bevor sie vor eineN HaftrichterIn kommen. Wenn die Polizei Leute im ASOG-Gewahrsam hält, ist es allerdings auch für uns schwierig, an sie heranzukommen oder Informationen über sie zu bekommen. Das beste ist in solchen Fällen, vor den GeSas (Gefangenensammelstellen, in Berlin meist in der Kruppstraße) auf die Leute zu warten, die irgendwann (spätestens nach 48 h, meist in der nächsten Nacht) entlassen werden müssen – schön war, dass das dieses Jahr gut geklappt hat und von vielen gemacht wurde!

Generell gilt: es muss nicht sofort nach einer Festnahme beim EA angerufen werden – es hilft mehr, eine halbe Stunde später an einer ruhigen Ecke mit dem EA zu telefonieren, als direkt aus einer lauten, hektischen Demosituation heraus, in der wir akustisch oft kaum etwas verstehen. Direkt nach Festnahmen können auch wir nichts für die Betroffenen tun – wartet deshalb besser einen ruhigen Moment ab, versichert Euch, dass die Person wirklich mitgenommen wurde und versucht z.B. schon mal das Geburtsdatum heraus zu finden. Und ganz wichtig: belastet niemanden während eines Telefonats: uns helfen wenn dann nur die Vorwürfe, die die Bullen selbst sagen, keine Vermutungen oder Spekulationen, wer wann was getan hat!

bisherige Zahlen und Informationen:

Seit der Walpurgisnacht bis in die Nacht auf den 2. Mai hat es in Berlin mehrere hundert Ingewahrsamnahmen und Festnahmen gegeben. Nur sehr wenige wurden schnell wieder freigelassen, einige wurden in andere Bezirke gefahren und erst dort rausgelassen, andere verbrachten beinahe 24 Stunden im ASOG-Gewahrsam in der Kruppstraße. Am Tempelhofer Damm wurden ebenfalls viele Leute festgehalten und zum Teil Haftrichtern vorgeführt. Nach unseren bisherigen Erkenntnissen sind von etwa 50 dort ausgesprochenen Haftbefehlen einige ausgesetzt worden (Haftverschonung), allerdings sind auch Haftbefehle vollstreckt worden: aktuell sitzen mindestens 22 Menschen in Moabit oder in der Jugendhaftanstalt Plötzensee wegen Vorwürfen rund um den 1. Mai 2009 ein.
Bei einem Teil dieser Haftprüfungen konnten AnwältInnen anwesend sein, weil dem EA die Namen und Daten von Festgenommen gemeldet worden waren und so weitervermittelt werden konnten. Es kam aber auch zu mehreren Fällen, in denen Leute ohne ihre AnwältInnen vorgeführt worden sind, obwohl diese vor Ort (also am T-Damm) waren und ihre Anwaltsvollmachten in der Akte bereit lagen. Insgesamt herrschte dort offensichtlich viel Chaos (nicht genügend Sprechzimmer, verschluderte Akten, lange Pausen und Verzögerungen, scheinbar nicht auffindbare AnwältInnen oder MandantInnen etc.), aber mindestens genauso viel Willkür – sowohl im Polizeiapparat als auch bei den Haftrichtern.
Vier der Festgenommenen wurden mit Mordvorwürfen konfrontiert, was natürlich ein gefundenes Fressen nicht nur für die (Boulevard-)Presse ist, sondern auch für die politischen Fraktionen, die nach mehr Repression etc. rufen.
Zu Verletztenzahlen auf unserer Seite können wir überhaupt keine genauen Angaben machen, uns wurde aber von vielen Festnahmen berichtet, die brutal und aggressiv abgelaufen sind – wie auf so vielen linken Demos und Aktionen. Faustschläge und Tritte durch BeamtInnen auch nach bereits erfolgter Festnahme sind eher die Regel als die Ausnahme, einer Person wurde bei der Festnahme mit Faustschlägen der Kiefer gebrochen.
Menschen, die nach erfolgter Festnahme ihren Namen Umstehenden zurufen wollten, wurde der Mund oder Mund und Nase zugehalten, die Umstehenden von der Polizei bedroht, geschlagen und beschimpft („Halt’s Maul Du Wixer“) oder ihnen wurde nur für das Fragen mit Festnahme gedroht.
Trotzdem haben sich viele nicht einschüchtern lassen und wir haben von vielen Festgenommenen die Namen und Daten bekommen, besonders bei den Protesten gegen die NPD in Köpenick.

Und jetzt?

Schreibt so bald wie möglich Gedächtnisprotokolle, wenn Ihr von Festnahmen betroffen wart oder welche beobachtet habt. Kommt in unserer Sprechstunde vorbei.
Vorladungen zur Polizei oder auch Anrufe vom LKA o.ä., die in den nächsten Wochen eintrudeln werden, sollen unbeantwortet bleiben. Macht keine Aussagen. Checkt Eure Meldeadressen, ob dort Post kommt. Kommt bei uns vorbei, wenn es Probleme gibt, wir vermitteln Euch AnwältInnen.

Nachermittlungen

In den nächsten Wochen werden umfangreiche Nachermittlungen bevorstehen: es werden Aussagen der Bullen und anderer ZeugInnen aufgenommen, Videos (Polizeivideos, fest installierte Kameras, aber auch youtube etc.) und Zeitungsfotos ausgewertet, indymedia-Demo-Berichte analysiert und noch vieles mehr. Mit diesen Ermittlungsergebnissen soll zum einen versucht werden, die Strafverfahren gegen die scheinbar schon so ‘beweissicher’ Festgenommenen mit Beweisen zu untermauern. Darüber hinaus geht es jedoch auch darum, bisher Unbekannte ermitteln und eventuell festnehmen zu können – klassische Aufklärungs- und Fahndungsarbeit eben.
Deshalb WICHTIG:
Zuhause aufräumen!!! Lagert Zeug, was Euch belasten kann, nicht in Euren Wohnungen. Überlegt, welche Klamotten, Sonnenbrillen, Caps, Schuhe, Handschuhe etc. weg müssen und seid gründlich und lieber zu vorsichtig. Redet darüber nicht am Telefon.
Vor allem Fotos und Filme von unseren eigenen Leuten haben schon oft dazu geführt, dass Leute festgenommen wurden oder Beweise gegen sie in Strafverfahren eingeführt werden konnten. Da die Polizei nicht nur bei Hausdurchsuchungen, sondern auch bei Kontrollen vor oder nach Demos gerne mal das Handy oder die Kamera checkt, kann man es ihnen leichter eigentlich kaum noch machen – außer vielleicht noch dadurch, dass videos gleich auf youtube o.ä. gestellt werden… Die Fälle, in denen unser eigenes Bildmaterial der Polizei eher geschadet und uns genutzt hat (z.B. Dokumentation von Bullengewalt), können die riesige Anzahl von Fällen, in denen es andersrum war, nicht aufwiegen. Deshalb fordern wir Euch dazu auf, das Fotografieren und Filmen auf linken Demos und Aktionen sein zu lassen.

ZeugInnenaufruf – Filme/Fotos

Trotz dieser Erfahrungen und häufig formulierter Kritik am Filmen und Fotografieren, wurden während aller Demos und Aktionen rund um den 1. Mai viele viele Aufnahmen gemacht – auch von Euch. Wir fordern Euch deshalb auf, wenn es diese Bilder nun schon mal gibt, sie beim EA vorbeizubringen, einige können vielleicht in Strafverfahren nützlich (entlastend) sein.
Sehr nützlich sind Gedächtnisprotokolle, vor allem, wenn Ihr Festnahmen und Situationen davor und danach beobachtet habt. Setzt Euch möglichst bald in Ruhe in und schreibt auf, was Ihr erinnert.
Dann bringt uns die Protokolle vorbei, die wir dann sicher verwahren und entsprechend an die AnwältInnen weiterleiten, die die Betroffenen vertreten.
Kommt in unsere Sprechstunde, wenn Ihr Fragen oder Diskussionsbedarf zum Umgang mit all diesen Themen habt.

Solidarität

Verantwortungsvolles solidarisches Handeln auf linken Demos und Aktionen kann helfen, Festnahmen und Bullengewalt zu begrenzen. Lasst Euch nicht einschüchtern. Passt auf Euch und andere auf und gefährdet keine Unbeteiligten.
Seid solidarisch mit den Betroffenen – gerade jetzt ist es wichtig, die die im Knast sitzen nicht alleine zu lassen. Wir versuchen, eine Knastbetreuung zu organisieren. Auch das kostet, wie Antirepressionsarbeit allgemein: Geld, deshalb am Ende nochmal unser Spendenkonto:

Sonderkonto Klaus Schmidt
BLZ: 100 100 10
206 10 106
Postbank Berlin

ZeugInnenaufruf wegen Molliwürfe

Es geht einmal um folgende Situation:

Angeblich soll es bereits ca. 21,30 Uhr am Kottbusser Tor im Bereich Kottbusser Str./Reichenberger Str. mehrere, mindestens aber 2 Molliwürfe in Richtung der Cops gegeben haben. In diesem Zusammenhang soll auch eine unbeteiligte Passantin getroffen worden sein, die Brandverletzungen erlitt. Mehrere Leute griffen ein, löschten das Feuer und riefen einen Rettungswagen. Wenig später wurden zwei junge Menschen verhaftet. Sie sitzen nun in Haft wegen versuchten Mordes und brauchen unsere Unterstützung.

Die Beschuldigten und ihre Verteidiger brauchen dringend Eure Mithilfe und Unterstützung! Meldet Euch unbedingt als Zeugen oder mit Infos, Fotos usw. bei:

Rechtsanwälte Ulrich von Klinggräff und Stephan Martin,
Yorckstr. 80, 10965 Berlin, Tel. (030) 2529 3336

Für die andere Situation werden ebenfalls ZeugInnen gesucht, bitte meldet Euch beim Berliner Ermittlungsausschuss, Sprechstunde immer Dienstags, 20-22 h im Berliner Mehringhof, Gneisenaustr. 2a

ea-berlin@web.de

Euer EA Berlin

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