Zum Hungerstreik im Knast in Burg
Der in der JVA Burg inhaftierte Stefan Milde befand sich in den letzten Wochen in einem Hungerstreik, um damit für seine ihm zustehenden Rechte zu kämpfen und einen Mitgefangenen, der sich schon im Hungerstreik befand, zu unterstützen. Außerdem gab es die Hoffnung, dass sie weitere Gefangene anschließen würden. Als er in Isolationshaft verlegt wurde, hat er sich dazu entschlossen den Hungerstreik abzubrechen, da kein Kontakt mehr zu anderen Gefangenen und UnterstützerInnen möglich war.
Wir dokumentieren hier die Hungerstreikerklärung und die Stellungnahme zur Beendigung.
Weitere Infos in den nächsten Tagen.
Hungerstreikerklärung!
Nun bin ich hier in Burg angekommen. Nach vielen unfruchtbaren Gesprächen und Anträgen bin ich nun im Hungerstreik. Nicht weil ich etwas utopisches fordere, sondern weil ich lediglich einfordere, was mir ohnehin zusteht.
Es geht um medizinische Versorgung zum ersten. Der Anstaltsleiter verweigert die Durchführung von medizinisch notwendigen Maßnahmen. Zum zweiten ist die Personaldecke der Beamtenschaft so dünn, dass eine ordentliche Bearbeitung unserer Anträge unmöglich gemacht wird.
Desweiteren stellen sich ständig Kompetenzfragen, da niemand genau weiß, wer für was zuständig ist. So kommt es unter anderem auch dazu, dass man geradezu genötigt wird einer privaten Firma (Kötter) eine Generalvollmacht für den sozialen Dienst auszustellen, da dieser ansonsten nicht tätig werden kann (falls man vielleicht einmal in’s Krankenhaus muss)! Das man genötigt wird Geräte zu mieten obwohl man darüber, also über eigene bereits verfügt, hatte ich ja schon einmal angeschnitten.
Doch zurück zu dieser Generalvollmacht, die einer Entmündigung gleichkommt. Anhand dieser “Vollmacht” hat man hier schon Gefangenen, ohne ihr Wissen, z.B. alte Abo’s gekündigt. Wer hat da noch Fragen?
Dann sind hier alle voran gegangenen Genehmigungen hinfällig, so bekomme ich z.B. keine Arbeitsmaterialien und werde auch sonst nicht unterstützt von der Anstalt und das, obwohl man weiß, dass ich später damit mein Geld verdienen will.
Mit vollem Wissen verstößt die Anstalt gegen geltendes Strafvollzugsrecht und gegen gleich mehrere Grund- und Menschenrechte. So weiß ich z.B. bis heute noch nicht, warum ich meine Wahlunterlagen erst so spät, nämlich einen Tag NACH der Wahl erhalten habe.
Ich bin jetzt fast einen Monat lang hier und habe noch nicht einmal mein Schreibzeug von der Kammer bekommen so das ich hier auf Antragsblätter schreiben muss. Nach Anfrage bei der Anstalt erfuhr ich das man es gerne sehen würde, wenn ich neues Schreibzeug beim Anstaltskaufmann NEU erwerbe, wobei ich persönlich die Befürchtung habe, dass dabei das Verhältnis von Preis und Leistung eben nicht im Verhältnis steht. Im Gesamten habe ich das Gefühl, wir sollen hier durch perfide Mittel zum Konsum erzogen werden…
Der Rechtsweg würde ungefähr zwei Jahre dauern, so lange will ich nicht warten und trete deswegen in den Hungerstreik. Natürlich hoffe ich mir tun es einige gleich, wobei schon mindestens ein weiterer Gefangener ebenfalls im Hungerstreik ist. So sind wir schon zu zweit. Ich war auch schon beim Arzt und habe mir jeglichen Eingriff verbeten was bedeutet das ich dann verhungere.
Natürlich hoffe ich Ihr helft mir, wir brauchen hier drinnen Presse und eine sachliche Berichterstattung die beweist, wie es hier wirklich zugeht. Vielleicht kann man ja von draußen etwas Druck machen durch z.B. eine Demo gegen diese menschenunwürdigen Zustände – ich weiß es nicht und weiß auch nicht weiter. Doch so geht es definitiv nicht mehr länger!
Stefan Milde
Madel 100
39288 Burg
Nachtrag…
Zur Beendigung des Hungerstreiks in der JVA Burg
Der Hungerstreik als solches ist beendet, von mir und Daniel ebenso – alle sonstigen Eingesperrten hielten es nicht für nötig, was keine Anklage darstellt nur eine Tatsache!
Offiziell habe ich aufgehört wegen der unerträglichen Isolationshaft die ich vor dem Verfassungsgericht rügte, weiter erstattete ich Strafantrag wegen Nötigung im Amt gegen die Anstalt bzw. deren Leiter.. Der Hungerstreik war in dem Moment sicherlich das Richtige, doch mit nur zwei Leuten entsteht nicht der gleiche Effekt wie mit zwei – oder sogar fünfhundert Hungerstreikenden. Da darüber hinaus Patientenverfügungen vorlagen…der Tod war nie eine Option. Hungerstreik ist Kacke, der Knast muss brennen, nicht man selbst! Der Hungerstreik ist keine Waffe, jedenfalls nicht im praktischen Sinn; bezogen auf deren Effektivität. Ein Toter von zwei Widerstandskämpfern ist ein Verlust von 50%, wie effektiv das ist liegt auf der Hand. Es kommt immer auf die Situation an will ich damit sagen. Vielleicht habe ich mich einfach auch einfach nur verrechnet, was solls, deswegen muss man noch lange nicht aufgeben.
Das Ziel wurde ja sogar teilweise erreicht, die Presse. Sicher ist die ‘junge welt’ nicht die ‘Bild’-Zeitung, doch das ist andererseits auch gut so, weitere Holger Meins’ brauch’mer net! Ich möchte mich hier bei allen Leuten bedanken. Das Problem den Widerstand zu organisieren liegt darin, dass man, nicht nur hier, jedwede Gegenwehr sofort im Keime erstickt. Und die Idioten lachen hinter vorgehaltener Hand doch das vergeht denen wenn sie sehen, dass man etwas erreicht hat und darauf kann man aufbauen. Das sich alles so entwickelt hätte ich nicht gedacht.
Beste Grüße auch an die Demonstranten von Köln. Bezüglich ‘Kötter’ haben wir selber auch schon Nachforschungen angestrebt. Wenn es möglich wäre, möchten wir uns vor Ort in einem Brief an die DemoteilnehmerInnen bedanken, dass man diese modernen Sklavenhalter und die Geschäfte von ‘Kötter’ versucht zu entlarven.
Stefan Milde
Madel 100
39288 Burg