Über die Situation des Gefährten Gabriel Pombo da Silva und ein paar andere Dinge
Am 2. und 10. Mai musste Gabriel, der seit dem Jahr 2004 in dem Gefängnis in Aachen eingesperrt ist, zwei Durchsuchungen durch die Schließer in seiner Zelle über sich ergehen lassen. Sie kamen aufgrund einiger Denunziationen anderer Gefangener, die ausgesagt hatten, dass er ein Handy bei sich gehabt haben soll.
Die erste Durchsuchung brachte nicht das erwartete Ergebnisse, aber der „Sicherheitsleiter“ nutzte trotzdessen die Gelegenheit, um alles mögliche in den Schmutz zu ziehen und persönliche Gegenstände (Kleidungstücke, Hanteln, Radio, Fernseher usw…) zu beschlagnahmen. Der offizielle Grund dafür war, daß er die „Rechtmäßigkeit“ oder ein mögliches Verbieten verifizieren wollte – wir erinnern hier daran, daß Gabriel sich immer noch verweigert die Knastkleidung zu tragen und sich dem Arbeitszwang zu unterwerfen, was innerhalb deutscher Knäste nicht die Normalität ist.
Die Schließer haben sich mit dieser schmutzigen Aktion nicht zufrieden gegeben und einen weiteren Hinweis eines Gefangenen erhalten, woraufhin sie eine zweite Durchsuchung während der Besuchszeit unternommen haben und zwar noch einmal in Gabriels Abwesenheit. Sie zerstörten die Zelleneinrichtung und fanden ein Handy. Als unser Gefährte von dem Besuch zurückkam, befahlen sie ihn sich auszuziehen, um bei ihm eine körperliche Durchsuchung durchzuführen, eine Maßnahme, die er wie üblich verweigerte. Aber dieses Mal wurde er zu einer Bestrafungszelle gebracht, wo einige Stunden später eine Armada von Meuchelmördern einbrachen, um ihn zum Ausziehen zu zwingen. Als sie diese unreine „Prozedur“ zur Ende brachten, fanden sie einige Pillen, die sie erst einmal als Drogen bewerteten.
Als erste „Sicherheitsmaßnahme“ wurde ab sofort der Besuch mit Trennscheibe verordnet. Allerdings bestätigte das Ergebnis der Untersuchungen was Gabriel schon sagte: dass es sich um Vitamine handelte. Damit wurde die Aufhebung der Trennscheibe erreicht, aber am 26. Mai ordnete die Knastleiterin einige disziplinäre Sanktionen aufgrund des Handybesitzes an: Aufhebung aller „resozialisierenden“ Aktivitäten (Sport, Zugang zur Küche, Umschluss…) für einen weiteren Monat und der Langzeitbesuche für zwei Monate. Sie gaben ihm einen Teil seiner Sachen zurück (das Radio und den Fernseher) und er denkt, daß er den Rest auch bald wieder zurückbekommen wird.
Sicherlich haben diese Ereignisse bei Gabriel so viel Hass, sowie Ekel und Zorn verursacht, wegen der Aktionen der Schließer und aufgrund der Handlungen der Gefangenen, die bereit gewesen sind ihn zu verpfeifen, um sich aus einer problematischen Situation herauszureden – oder einfach um sich in ein gutes Licht vor den Henkern zu stellen.
Diese Geschichte reiht sich ein in die viel zu lange Liste der Grauenhaftigkeiten des Knastes, wo innerhalb einer eingeschlossenen Welt sich die unterschiedlichen Mechanismen der Herrschaft im großen Maßstab reproduzieren: die Erpressung durch kleine Vergünstigungen geht zusammen mit miserablen Abmachungen mit den Schließern, die auch gerne mal ihre Schlüsselbunde verleihen; die Denunziation ergänzt die Anwendung von brutaler Gewalt gegen diejenigen, die sich diesen schmutzigen Machtspielen verweigern und sich nicht der Willkürlichkeit der Ordnung anzupassen. Und wenn die Knastverwaltung die Schläge nicht als das geeignete Mittel betrachten, um diejenigen zu beugen die nicht resignieren, dann gibt es andere Waffen zur Verfügung, um die hochgehaltenen Köpfe zu unterwerfen: neben der Folter der Einsperrung kommen Schikanen und Erniedrigungen aller Arten hinzu. Die Kontrolle über die Körper und den Geist betrifft darüber hinaus auch die Beziehungen außerhalb der Mauern – durch die Verwaltung der Besuche, Eingriffe in die Briefwechsel und andere Wege der Kommunikation – sowie auch innerhalb der Mauern, wo die räumliche Aufteilung der Gefangenen auch eine Folge der dreckigen Berechnungen über das unerträgliche Zusammenleben und die Konflikten und Racheakte, die sie provozieren könnten, ist.
Gabriel leidet jeden Tag unter der Art der Isolation, die darauf abzielt die widerspenstigen Individuen gegenüber dieser etablierten Ordnung zu vernichten, es trifft ihn genauso wie andere, aber ohne dabei den Menschen, der er ist, aufzugeben, und weder seine Ideen noch seine Handlungen oder Ethik. Dies macht keinen Helden aus ihm, aber genauso wenig ein Opfer, sondern ein Individuum im Kampf gegen dieses System und alles was es auf allen Ebenen verkörpert. Und dies ist genau der Kampf, den wir auch weiterverfolgen möchten, indem wir unsere Entschlossenheit bekräftigen alle Arten der Einsperrung zu bekämpfen, um die Knästen zu zerstören und um mit der Gesellschaft, die sie benötigt und produziert, zu einem Ende zu kommen.
Einige GenossInnen, Juni 2011