Alltag in Italien – ein Bericht
gefunden auf linksunten.indymedia.org, im italienischen Original auf piemonte.indymedia.org
Wenn Pech, das Unliebsames zutage fördert, den Beigeschmack ausgleichender Gerechtigkeit hat, oder: zweifle nie an der Komplizenschaft eines Nagels!
Als ich vor einigen Tagen mit meiner Vespa PX 200 umherschwirrte, beschloss ein Nagel, sich an eins der Räder zu vergehen. Mist! Was für’n Pech! Ich mach’ mich also daran, den zerfledderten Reifen zu ersetzen, ich bau‘ den Seitenschutzbügel ab, entferne die linke Backe, nehme den Ersatzreifen aus der Halterung und… Hoppla! Was sind das denn für Drähte? Warum enden sie hinter der Ersatzreifenhalterung? Und was ist dieses rundum getapte Teil? Sag‘ bloß es ist… Ach was, nee, vielleicht aber doch, könnte sein… Doch doch, verdammt, es ist eine GPS-Antenne, und neben ihr ein Stäbchen, welches eine weitere Antenne sein dürfte… beide sind mittels kräftiger Magnete fein in eine dunkle Ecke hinter der Ersatzreifenhalterung nach unten befestigt (Bild 1, 1-2)!
Die beiden Drähte verschwinden im Hohlraum, in dem der Tank angebracht ist, und ich will wissen, was mir dieser Tag noch bringt. Ich nehme den Sattel ab, bau‘ Gepäckträger und Tank ab, und sehe ganz hinten ein schwarzes Kunststoffteil (es dient dazu, zu verhindern, dass Benzin abtropft, falls der Hahn undicht ist), ich hebe es an und finde ein Knäuel aus teilweise getapten schwarzen Fäden vor. Ich fang‘ an, an ihnen zu ziehen, sie geben aber nicht nach, also stecke ich meine Hand rein, wühle umher und… Oha! Schau‘ her, was da Alles aus dem kleinen Hohlraum rauskommt (Bild 2): ein Transformator mit Akku (Bild 3, 3) und ein Gsm Transmitter mit Sim-Karte Modell „Telit GM862-GPS“ (Bild 4, 4) von dem drei dünne Kabel abgehen: zwei sind die schon erwähnten Antennen (1 und 2), den anderen kriege ich nicht los… wo geht der überhaupt hin? Ich fang’ an, ziemlich Alles auseinander zu nehmen, zuletzt baue ich die Kaskade ab, in der die Hupe eingebaut ist (Bild 5) und, siehe da, liegt hinter derselben leicht eingequetscht das Kabelende… ein winzig kleines Mikrofon (5).
Ich ziehe alles raus, zuletzt schneide ich die Kabel im Hohlraum, in dem der Tank liegt, ab. Alle Teile waren mit starken, festgetapten Magneten versehen, die sie ans Gestell fixierten. Ich montiere das, was ich auseinander genommen hatte wieder zusammen, ersetze den Reifen und bringe den anderen zur Reparatur. Zum Schluss fotografiere ich alles (Bild 6) und zerstöre es anschließend… jawohl, und zwar mit Hammerschlägen… das Zeug befand sich in meiner Vespa, also ist es so, als gehöre mir das Zeug, und ich mach’ es kaputt, aber nicht die Sim-Karte. Die behalte ich, und ich werde damit telefonieren, was das Zeug hält, nur so, zum Hohn, solange sie funzt, ihr Dreckskerle!
Für jene, die diesen Roller nicht kennen, erläutere ich hier, das er keine Batterie besitzt (es ist ein Modell der frühen 80er, das ich 2004 gekauft habe. Der Motor generiert Wechselstrom, der für Gsm-Transmitter nicht geeignet ist, daher die Notwendigkeit eines Transformators zur Gewährleistung der Funktionstüchtigkeit des gesamten Apparates auch wenn die Vespa nicht rollt. Und jetzt ist alles zerfleddert…
Meiner bescheidenen Meinung nach braucht man für eine ne solche Arbeit viel Zeit und Ruhe (das gilt auch für einen Experten) und von irgendjemand wahrscheinlich auch billigendes Schweigen. Wenn ich die Qualität und die Präzision der Montage bzw. der Kabelverlegung bedenke, schätze ich, dass sie mindestens drei Stunden gebraucht haben.
Die Sim-Business Karte wurde von unbekanntem Dienstleister am 14.06.2005 aktiviert. Gemessen daran, dass ich in diesen Jahren nur wenige Male einen Platten hatte und dabei nie auf die oben beschriebenen Optionals aufmerksam wurde, bin ich geneigt, den Zeitpunkt des Einbaus nicht vor 2010 zu verorten. Es ist wahrscheinlich, dass diese Sim Karte auch vorher die Wege anderer Leute unter Beobachtung ausgespäht hat.
Was soll ich den Genossen und Genossinnen sagen? Haltet nichts für gewiss!
Und den Bullen? Haltet auch nichts für gewiss!
Antonio
05/09/2012