Berichte vom 10. und 11. Prozesstag gegen Sonja Suder und Christian Gauger
Von der Soliwebseite für Sonja Suder und Christian Gauger übernehmen wir die Berichte vom 10. und 11. Prozesstag am 4. und 7. Dezember. Die weiteren Prozesstermine sind auf der Soliseite einsehbar.
Richterin sammelt selbst Beweise – Prozessbericht 4.12.
Zu Beginn des heutigen Verhandlungstages gab Richterin Stock die Ablehnung des Widerspruchs der Anwälte gegen die Fortsetzung der Verlesung von Richter Kuhns Aussage bekannt. In der dazugehörigen Begründung erklärte sie, dass sie die Verwertbarkeit der Aussage als gegeben sähe. Auch sähe sie keine Notwendigkeit, eine vollständige Akteneinsicht bezogen auf die Aussage von Kuhn zu gewähren (Antrag der AnwältInnen abgelehnt).
Ein daraufhin gestellter Antrag der Verteidigung auf rechtliches Gehör und damit noch mal auf die Hinzuziehung der gesamten Akte um den Vernehmungshintergrund von Hermann deutlich zu machen, wurde nach 10-minütiger Beratung vom Gericht abgelehnt.
Es wurde weiter aus der Akte Kuhn vorgelesen und die Anwälte stellten anschließend mehrere Beweisanträge. Die Beweisanträge bezogen sich alle auf die gesundheitlich sehr schlechte Verfassung von Hermann zum Zeitpunkt seiner “Aussagen” im Juni 1978 und mit welcher Ignoranz und Verfolgungswillen von Seiten der Justiz mit Hermann umgegangen wurde.
Darüber hinaus wurde noch ein weiterer Antrag eingereicht, in dem darauf hingewiesen wurde, dass der bisherige medizinische Sachverständige, der in einem vom Gericht in Auftrag gegebenen Gutachten die damalige Vernehmungsfähigkeit von Hermann feststellte, nicht über die nötigen Qualifikationen verfügen würde. Stattdessen wurde der Antrag auf ein neues Gutachten von einem dafür ausreichend qualifizierten Traumaspezialisten gestellt. Dafür wurde Prof. Dr. Seibner von der Uni Heidelberg vorgeschlagen. Über die Anträge soll bis zum nächsten Verhandlungstag entschieden werden.
Im Anschluss an die Anträge der Verteidigung wurden vom Gericht drei Bekennerschreiben der RZ verlesen:
1. Zu den Waffenlieferungen von MAN an das damalige Apartheidsregime in Südafrika
2. Zur KSG Becker AG – Zulieferer von Kernkraftwerken
3. Zu Sanierungspolitik und dem Brand im Heidelberger Schloss
Nach einer längeren Pause wurde vom Gericht noch ein Lebenslauf von Christian verlesen. Diesen hatte er 1967 für die nachträgliche Verweigerung des Kriegsdienstes verfasst. Verschiedene bekannte Wohnsitze von Christian bis 1978 wurden aufgezählt sowie auch seine engeren Verwandten zu diesem Zeitpunkt und ein Vermerk von 1985. Als die Richterin einen Artikel aus der WOZ mit einem vermeintlichen Interview mit Sonja und Christian verlesen wollte, verwiesen die Anwälte darauf, dass dieser nicht als Beweis zugelassen werden solle, da die Richtigkeit des Inhalts nicht gewährleistet und die Quelle nicht klar sei. Auch der daraufhin gestellte Antrag der Anwälte wurde von der Richterin abgelehnt und der Artikel von ihr verlesen. Auf die Frage hin, wie dieser Artikel zu den Akten gekommen sei und woher er stamme, erklärte die Richterin ungehalten, dass sie ihn selber im Internet gefunden und zu den Akten genommen hätte.
Den Abschluss dieses Verhandlungstages bildeten verschiedene Berichte über den Brand im Heidelberger Schloss. Dabei standen im Vordergrund, wie der Brand entdeckt und gelöscht wurde, der Brandschaden und welche Materialien wohl für den Brand verantwortlich waren und wo er ausgebrochen sei. Dazu soll es beim nächsten Verhandlungstag auch Fotos geben.
“Daran kann ich mich nicht erinnern” – Prozessbericht 7.12.
Mit Prozessbeginn beantragte die Verteidigung das Gutachten einer Fachfrau für Traumatologie zu verlesen, das sich mit der psychischen Situation von Hermann F. im Jahre 1978 befasst. Ausführlich und kompetent erklärt die Traumatologin, die Notwendigkeit einer persönlichen Untersuchung und Begutachtung von Hermann F. durch einen erfahrenen Traumatologen, der von der Verteidigung schon vor Wochen beantragt worden war. Bisher hatte sich das Gericht geweigert, diese Begutachtung vornehmen zu lassen, weil es offensichtlich befürchtet, dass dann die Verhöre von Hermann F. im Jahre 1978 nicht mehr verwertet werden können. Wir können gespannt sei, welche Begründung das Gericht nun erfindet, um zu verhindern, dass kompetente Sachverständige sich mit der unmenschlichen Behandlung von Hermann. F. befassen.
Des Weiteren wurde ein Antrag auf Kenntlichmachung der Gerichtseigenen Recherche gestellt, da die Richterin einen Zeitungsartikel auf eigene Faust, der Prozessakte beigelegt hatte. Darüber hinaus gab es einen weiteren Antrag an die Staatsanwaltschaft. Diese möge die zukünftig verwendeten Beweismittel und deren Umfang, sowie den Zeitpunkt ihrer Anwendung vor Gericht, der Akte beilegen.
Nach einer kurzen Pause wurde der Zeuge Paul Clemens, ein ehemaliger BKAler in Rente vorgeladen. Dieser wurde von der Bundesanwaltschaft ab März 1979 mit der Zusammenfassung der Akten im Fall RZ beauftragt. Clemens sollte Aussagen zu den Lebensläufen von Sonja und Christian machen, obwohl er laut eigener Aussage bis 1979 “nur” die Akten zusammenfasste und keine weiteren Ermittlungen führte.
Außerdem konnte er sich weder an die Lebensläufe noch an anderen Inhalt aus der Akte erinnern. Seine einzigen Erinnerungen beruhen, nur auf Akten, die er vorher von der Staatsanwaltschaft zugespielt bekam. Dieser Vorgang sowie die andauernden Suggestivfragen der Richterin und vor allem der Staatsanwältin, verweisen deutlich auf eine der Staatsräson hinausgehende Motivation. Weiterhin wurde dieses Interesse, seitens der Staatsanwaltschaft, deutlich an der Verweigerung der Entlassung des Zeugens Clemens, um ihn ggf. zu weiteren Ermittlungen und Vernehmungen, an die er sich
nicht erinnert, zu befragen. Trotz zahlreicher Beanstandungen der
Verteidigung auf Glaubwürdigkeit des Zeugens und seiner eigenen Angabe, nichts mehr zu wissen, wurde der Zeuge noch nicht komplett entlassen. Wir werden ihn wohl noch mal zu Gesicht bekommen. Die Vernehmung wurde von der 1-stündigen Pause zwischenzeitig unterbrochen. Nachdem der Zeuge vorerst entlassen wurde, nahm die Staatsanwaltschaft Stellung zu den anfangs verlesenen Anträgen der Verteidigung. Nachdem der Zeuge vorerst entlassen worden ist, nahm die Staatsanwaltschaft Stellung zu den anfangs verlesenen Anträgen der Verteidigung. Anschließend wies die Verteidigung nochmals auf die Maximalzeit des Verhandlungstages hin, da die Zeit bereits überschritten war. Für den nächsten Prozesstermin am Dienstag den 11.12.2012 sollte KHK Schmidt in den Zeugenstand gerufen werden. Aber die Staatsanwaltschaft wies daraufhin, dass dieser bereits verstorben sei und somit selbstverständlich nicht erscheinen könne.
Die Stimmung bei uns und vor allem bei Sonja und Christian schien recht gut, obwohl sich, wie immer, auch 2 Zivis unter das Publikum mischten.