Gabriel Pombo Da Silva: Über den Tod von Diana…
Ich habe gerade das Flugblatt über den Tod (die Ermordung) von Diana Blefari Melazzi* bekommen… traurig und hart.
Unabhängig davon zu wissen, dass Gefängnis und Tod eng verbunden mit der Entscheidung unseres Kampfes und kämpferischer Entschlossenheit sind, ist es immer schmerzhaft das tragische Ende unserer GefährtInnen zu erfahren (egal ob mit Affinität oder nicht, egal ob sie bekannt sind oder nicht, etc.).
“Den Fall” von Diana bekam ich über die RAI 1 (italienischer öffentlicher Fernseher) mit… Ich sage es auch richtig: mitbekommen und nicht informiert, weil das Fernsehen ausschließlich ein Organ der herrschenden Propaganda ist. In diesem Sinne ist es abstoßend was die RAI über die Umstände ihres Todes und die Figur dieser militanten Kommunistin vermittelte. Diana wurde drei Mal ermordet: als sie inhaftiert wurde; als sie innerhalb des Gefängnisses im “41bis” isoliert wurde und als sie schon inhaftiert, isoliert und tot war, ihre Figur und Person/Entschlossenheit als bedauernswert behandelt wurde, in den Dreck gezogen worden ist.
Als ein Überlebender des FIES-Genozid kann ich perfekt verstehen welche Dinge Diana dazu trieben diese drastische Entscheidung zu treffen… Ich sage es richtig: Entscheidung und nicht Wahl…
Ohne Wahl kann der Mensch nur frei sein… daher kann ein von seiner Freiheit entzogener Mensch aufgrund der vorhandenen Begebenheiten in der er sich befindet nur einen Entschluss treffen. Falls sie sich in Freiheit oder unter anderen Zuständen von Gefangenschaft befunden hätte, hätte sie nicht den Entschluss getroffen sich das Leben zu nehmen.
Wenn es schlimmer als eine Bestie überlebt wird, isoliert und ständig unter einem starken psychologischen Druck; in einem bedrückenden Raum, umzingelt von uniformierten VerbrecherInnen, welche dich dazu bringen dich in tausend verschiedenen Arten zu fühlen, dass du niemand bist und nichts zu erwarten hast… was ist die Logik?
Die Logik und das Ziel des Gefängnisses, der Isolation, der Folter und der herrschenden Propaganda ist der Tod…
Jene von uns, welche diese erbarmungslose Wildheit dieser Logik kennen (und überlebt haben), haben keine Bedenken allem und allen den Krieg zu erklären, die uns foltern, ermorden, Gewalt antun, etc.
Krieg dem Krieg ohne so viel scheiß Rhetorik gegen das System und seine scheiß Sozialfaschisten…
Radikal? All diejenigen Wurzeln dessen was uns stumpfsinnig macht, vergiftet, ermordet und foltert suchend, werden wir uns unerbittlich radikalisieren.
Die Mauern der Gefängnisse sind genügend hoch um zu erlauben, dass die allgemeinen Sterblichen einen Blick ins Innere dieser (hinter die Mauern) werfen können und sich eine Meinung bilden, welche nicht von den PropagandistInnen eingeschränkt wurde… Die Abteilungen der Isolation (sowie die verschiedensten Formen zu isolieren) sind das tiefste und eindeutigste dieses selektiven Systems proletarischer Vernichtung.
Die Massenmedien sind in der Hand der Feinde der Menschheit, daher ist es “logisch”, dass sie irgendwie “neutral” im Verlauf des sozialen Krieges (und Klassenkampfes… dort wo die Klasse Bewusstsein als eine solche hat) und der “Informationen” sind…
Die Fragen welche sich einE ProletarierIn immer stellen sollte sind: Woher kommen die Informationen? Welche Ziele verfolgen sie? Wer “entscheidet” was ist Nachricht und warum? Welche politischen und wirtschaftlichen Interessen gibt es hinter jedem organisierten Projekt?
Um auf Diana zurück zu kommen… Was ist es, was “die Leute” über ihre radikale Entscheidung, in einem Ort indem es keine Hoffnung gibt aufhören zu leben, nicht verstehen? Welchen Unterschied gibt es dazwischen, wenn sich eineR selbst den Strang um den Hals legt oder es die SchließerInnen machen lässt?
Niemand legt sich einen Strang um den Hals wenn er/sie ein Minimum an Hoffnungen hätte… wenn um sie herum Geschwister sind, welche sie hüten und lieben. Wenn im Kalender bedeutsame Datumseinträge sind, welche auf freudige Momente deuten (ein Besuch, ein Anruf, ein Brief, ein Kampftermin, etc., etc.).
Was passiert wenn sogar innerhalb des Gefängnisses (was schon eine genügende Bestrafung ist) sie dich von deinen GefährtInnen und deinem Umfeld außerhalb des Gefängnisses, welches dich unterstützt und liebt, trennen?
Wenn sie mit deiner Korrespondenz, deinen Zeitungen, Besuchen, Anrufen und restlichen “Rechten” auf eine perverse Art und Weise spielen? Was passiert wenn du verstehst, dass das Einzige was du noch machen kannst ist wie eine Pflanze zu vegetieren: ohne Licht, ohne Wasser, ohne Sonne, ohne Luft?
Für die westlichen Regierungen/Staaten und deren Massenmedien ist es leicht Länder in Asien und in Afrika aufzufordern die “Menschenrechte” zu respektieren, während sie es selber nicht machen… Wie ist der Spruch mit dem Mond und dem Finger: einige schauen auf den Finger und andere auf den Mond**.
Wenn vergessen wird, dass der “wirtschaftliche Wohlstand” in dem wir in “Europa” leben aus Jahrhunderte langer imperialistischer und kolonialer Ausbeutung von Afrika, Asien und Lateinamerika stammt, kann der Diskurs “unserer PolitikerInnen” uns nicht beleidigen…
Wenn wir aber ein klares Bewusstsein und ein historisches (Klassen-) Erinnerungsvermögen haben, wird uns jede Art von Revisionismus und zynische Propaganda der kapitalistischen Herrschaft verletzen…
Mich persönlich verletzt der Verlust aller GefährtInnen (mit oder ohne Affinität), sei es durch die Konsequenzen einer Entscheidung wie durch eine Direkte Aktion oder durch unsere Feinde, weil militante RevolutionärInnen nicht rekrutiert werden (wie andererseits SoldatInnen, PolizistInnen oder SchließerInnen) in dem eine Werbung im Fernsehen oder in der Zeitung gemacht wird. Revolutionäre werden nicht in Akademien ausgebildet (oder uniformiert). SoldatInnen, PolizistInnen und SchließerInnen machen ihre “Arbeit” für Geld, Revolutionäre aufgrund ihrer Überzeugung… Revolutionäre definieren ihre Tätigkeiten nicht als “Arbeit” sondern als Entschlossenheit.
Ich könnte hunderte von Seiten mit dem Erklären/Erzählen füllen, weshalb wir mit Entschlossenheit und dem Kampf aller Gefallenen weltweit und entlang der Geschichte weiter machen sollen. Dies alles ohne “Mäßigung” in den Wörtern, den Argumenten wie in den Mitteln…
Gabriel Pombo da Silva
Aachen, 16.11.2009
* Diana wurde in ihrer Zelle im Gefängnis von Rebibbia (Rom) am 31. Oktober 2009 aufgefunden. Wenige Stunden vorher wurde ihr mitgeteilt, dass sie definitiv in letzter richterlicher Instanz, zu Lebenslänglich wegen Mitgliedschaft in den Roten Brigaden verurteilt wurde.
** verbreiteter Zen-Spruch in Spanien welcher vollständig lautet: “Wenn jemand auf den Mond deutet, schaut der Meister auf den Mond. Der Trottel auf den Finger.”
Dieser Spruch ist sehr oft von AnarchistInnen in Verbindung mit dem sozialen Krieg benutzt worden. Wie zum Beispiel: “Wenn der Finger auf den sozialen Krieg deutet, schauen die Trottel auf den Finger.”