Inhaftierung von drei AnarchistInnen in der Schweiz
Freiheit für Silvia, Billy und Costantino
Laut einer Mitteilung auf indymedia switzerland sitzen seit dem 15. April drei AnarchistInnen in der Schweiz in Untersuchungshaft, weil sie laut der hetzerischen Presse beschuldigt werden “einen Sprengstoffanschlag auf die Schweizer Niederlassung von IBM geplant [zu] haben“. Sie sollen der italienischen öko-anarchistischen Gruppe “Il Silvestre” angehören. Bei einer Verkehrskontrollen wurden in dem Auto, mit dem Silvia, Billy und Costantino unterwegs waren, Sprengstoff und Gegestände zum Bau von Sprengsätzen gefunden, sowie ein BekennerInnenschreiben, “das auf einen geplanten Anschlag auf das IBM-Forschungszentrum in Rüschlikon ZH hinweist“.
Momentan befindet sich Silvia im Gefängnis in Biel, Costa in Bern und Lucca in Thun.
Il Silvestre stand schon oft im Blickpunkt der Repressionsbehörden, es gab Hausdurchsuchungen, Inhaftierungen, Anklagen und Haftstrafen wegen Mitgliedschaft. Innerhalb der letzten vier Jahre gab drei Verfahren ähnlich dem §129 in Deutschland.
Weiter unten finden sich mehrere Texte, welche sich mit den dreien solidarisieren, sowie ein Text, welcher in die notwendige Debatte um die kapitalistischen Technologie eingreift.
Kontakt zu UnterstützerInnen in der Schweiz: Freiheit_3@hotmail.com
Solidaritätserklärung von anarchistischen und kommunistischen Gruppen
aus Italien, der Schweiz, Deutschland und Belgien
Am 15. April wurden Costantino, Silvia und Billy in der Schweiz verhaftet mit dem Verdacht, explosives Material transportiert und versucht zu haben, es einzusetzen.
Wir bekräftigen ihnen gegenüber unsere uneingeschränkte Solidarität. Ihre Identität und ihr Kampf ist der aller Revolutionärinnen und Revolutionäre, weil sie immer mit Leidenschaft, Hartnäckigkeit und Willen gegen den Staat und den Kapitalismus gekämpft haben, welche seit jeher Kriege, Tod, Umweltzerstörung, Ausbeutung, Unterdrückung und Profit für die Herrschenden erzeugt haben.
Und die Kontrolle und die bio- und nanotechnologische Forschung sind einige der Instrumente in den Händen der Macht, um diese Zustände aufrecht zu erhalten.
Es gibt drei Arten von Personen: jene, die am Fenster stehen und beobachten, was passiert; jene, die am Fenster stehen und kommentieren, was passiert; und dann gibt es jene, die die Dinge zum Passieren bringen. Diese Letzteren, welche die Notwendigkeit, mit der eigenen Person zu handeln um sich von den Ketten dieser Gesellschaft zu befreien, begriffen haben, sind die Unersetzlichen, und wir stehen auf ihrer Seite.
Die Solidarität ist unsere Waffe!
Solidarität mit Costa, Silvia und Billy!
Solidarität mit Marco Camenisch!
Solidarität mit allen politischen Gefangenen!
Zur Zeit sitzt Costantino im Gefängnis Amtshaus Bern, Luca im Gefängnis von Thun, Silvia im Gefängnis von Biel.
Wer Briefe, Karten oder Telegramme schicken will, schreibt an folgende Adresse:
Costatino Ragusa
c/o Regionalgefängnis Bern
22 Genfergasse
CH- 3001 Bern
Luca Bernasconi
c/o Regionalgefängnis Thun
Allmendstr. 34
CH-3600 Thun
Silvia Guerini
c/o Regionalgefängnis
Spitalstrasse 20
CH-2502 Biel
Behalten wir im Kopf, dass alles auf deutsch übersetzt wird und dass die Bundesanwaltschaft am Untersuchen ist und alles mit viel Interesse liest.
Für Spenden: in Italien: c.c.p. 93785582 intestato a Benedetta Galante, per bonifici bancari codice IBAN IT79T0760110700000093785582
Ein Schreckgespenst geht um
Immer wieder lesen wir von Menschen, die Gebäude, Autos oder Infrastrukturen bestimmter Institutionen auf unterschiedliche Weise angreifen. Im staatstreuen Chor der Medien werden sie oft als “Vandalen“ oder “Chaoten“ bezeichnet, und falls sie als solche nicht mehr durchgehen, dann greift man eben zum Konstrukt des “Terroristen“, um jegliche Diskussion über mögliche Beweggründe im Voraus zu ersticken. Eben dies geschah mit den drei Anarchisten, die am 15. April in Langnau am Albis verhaftet wurden, da sie angeblich unterwegs waren, um ein Zürcher Forschungszentrum der IBM anzugreifen. Ein Ort unter vielen, an dem, fernab von unserem Alltag, an der Vertiefung der Kontrolle über das Leben auf diesem Planeten herumgeforscht wird: Gentechnik, Überwachungs-, Nanotechnologien…
WIESO SOLL DAS ALSO IN DIE LUFT FLIEGEN?
Wir sind versunken in einem technologischen Hochglanzalbtraum, wo tote Materie höher gewichtet wird als unser Leben. Der neue, allesbeherrschende Gott ist die Wirtschaft. Ihr muss es gut gehen, heisst es, damit es uns überhaupt erst gut gehen kann. Doch hinter der Grundhaltung, dass jeglicher Fortschritt per se positiv ist, verhüllt sich die Tatsache, dass nur wenige von diesem profitieren. Denjenigen, die sich Tag für Tag ausbeuten lassen, dürfte schon längst aufgefallen sein, dass wir trotz all der unglaublichen Forschungen heute nicht weniger, sondern schlicht effizienter arbeiten, und nicht qualitativer leben, sondern mehr konsumieren. Mit jeder Neuheit wird uns ein besseres und einfacheres Leben versprochen, während die anschliessende Enttäuschung mit dem Versprechen von immer weiteren Neuheiten kompensiert wird. Wir lechzen nach Fata-Morganas, wie
Verdurstende in einer Wüste.
Das, woran im genannten IBM-Zentrum herumgetüftelt wird, geht noch eine Stufe tiefer. Denn gentechnisch manipulierte Organismen und Nanopartikel, ebenso wie die Strahlungen des Atommülls, schreiben sich fortan unwiderruflich in die Welt ein, die wir bewohnen. Es braucht nicht viel, um zu sehen, dass auch diese Bestrebungen einzig der Fortschrittslogik des Kapitalismus dienen. Nachdem schon längst der ganze Planet unter seiner Herrschaft steht, versucht er diese nun zu vertiefen – und zwar bis ins kleinste Detail.
Die industrielle Technologie ist schon seit Jahrhunderten der wesentliche Faktor der Umgestaltung der Gesellschaft, und somit der Wirtschaft und des Staates. Immer wieder soll sie angebliche Lösungen für soziale Probleme liefern, zu deren Entstehung sie selbst beitrug. Sie hat sich mittlerweile selbst unentbehrlich gemacht. Ohne die Technologie wäre die immense Anhäufung von Waren, und die dafür erforderliche allgemeine Unterordnung und Kontrolle der Arbeitenden unmöglich. Sie hat die Menschen nicht nur gegenüber der Welt sondern auch einander fremder gemacht.
Die soziale Ordnung, in der wir leben, funktioniert nur noch durch die immer absurdere Spezialisierung unserer Tätigkeiten, die immer umfänglichere Kontrolle über das Lebende, die immer effizientere Ausbeutung unserer Arbeitskraft und eine allgemeine Verarmung der menschlichen Beziehungen.
Die scheinbar unantastbare Rechtfertigung dafür ist die blosse Aufrechterhaltung des Bestehenden. Die Frage nach den Lebensbedingungen wird nicht gestellt. Schliesslich könnte sie zur Erkentnis verleiten, dass nicht wir, sondern die soziale Ordnung an unserer Betrübtheit schuld ist, und dass so einiges verschwinden muss, um endlich frei zu atmen.
Wir denken, dass einem Zusammenleben nicht durch technologischen Fortschritt, sondern unter gemeinsamen ethischen und sozialen Überlegungen Wert zukommt. Die Entwicklung, die wir anstreben, geht einem Leben entgegen, das an uns selbst liegt, ohne zu dienen und ohne zu herrschen – und diese Entwicklung beginnt mit der Revolte gegen alles, was uns davon abhält.
Daher erkennen wir uns in den drei Anarchisten wieder, die nun verteilt in schweizer Knästen sitzen. Wir empfinden Solidarität für jeden Versuch, die eigenen Fesseln abzuwerfen, um der anhaltenden Vernichtung des Lebens und der (Selbst-)Versklavung der Menschen die Stirn zu bieten. Und eine der ersten Fesseln, die wir dazu abwerfen, ist diejenige in unseren Köpfen, die uns glauben macht, wir können ohnehin nichts tun und uns in der Lethargie gefangen hält.
Darum an alle, die – aus welchen Gründen auch immer – die Schnauze voll haben von all den Zwängen und Kontrollen, von all den leblosen Produkten und sinnlosen Arbeiten, von dem Hass, der gestreut wird, damit wir untereinander kämpfen, anstatt gemeinsam gegen das Elend. An alle, deren Herz höher schlägt, wenn Leute das angreifen, worin sie die Ursache ihrer Unzufriedenheit erkennen: Zeigt euch und lasst an der Vielfalt der Sabotagen erkennen, dass etwas ganz anderes möglich ist.
Freiheit für die drei Anarchisten Billy, Silvia und Constantino!
Als Beitrag um den Kampf der festgenommenen GenossInnen aus Italien besser zu verstehen, sowie den all derjenigen, die gegen gewisse Entwicklungen der kapitalistischen Technologie Handlung ergreifen, veröffentlichen wir hier einen Text von Wolfi Landstreicher, langjähriger anarchistischer Genosse und Übersetzer aus den USA, der sich mit sozialer Kontrolle und Nanotechnologie beschäftigt. Der Text dient bloß als Einführung in ein Problem, welches sicherlich mehr Auseinandersetzung braucht.
Die winzigsten Monstrositäten
Nanotechnologie und soziale Kontrolle
Im Streben nach vollständiger Kontrolle über jeden Aspekt der Existenz hat die herrschende Ordnung damit begonnen, die Entwicklung von Technologien voranzutreiben, die Materie in nanometrischer Größe manipulieren. Dabei handelt es sich um den Bereich eines millionstel Millimeters. Auf dieser Ebene, der Ebene von Atomen und Molekülen, jener von Proteinen, Kohlenstoffverbindungen, DNA und ähnlichem, kann die Unterscheidung zwischen Lebendem und nicht-Lebendem zu verschwimmen beginnen und viele der Vorschläge in Bezug auf diese Technologie gründen auf dieser Verschwommenheit. Nanotechnologie kreiert neue Produkte durch die Manipulation von Molekülen, Atomen und subatomaren Partikeln. Während Biotechnologie die Struktur der DNA manipuliert, um durch die Rekombinierung von Genen neue Organismen zu erzeugen, geht Nanotechnologie weiter, indem sie die Materie in Atome zerlegt, die dann wieder zusammengefügt werden können, um neue Materialien zu formen, die im wahrsten Sinne des Wortes, Atom für Atom erschaffen wurden. Zur Zeit liegt die Aufmerksamkeit auf dem Kohlenstoffatom, doch die Wissenschaftler hätten gerne die Kontrolle über jedes einzelne Element des Periodensystems, um sie nach Lust und Laune zu verwenden. Dies würde ihnen erlauben, Charakteristiken (wie Farbe, Widerstand, Schmelzpunkt, etc.) auf Art und Weisen zu kombinieren, die zuvor unbekannt waren.
Bei den nanotechnologischen Forschungen ist vieles auch mit biotechnologischen Forschungen verbunden, mit Untersuchungen über die Möglichkeit, Atome auf dem biomolekularen Level zu manipulieren. Dies ist der Ursprung der Nano-Biotechnologie. Die Befürworter solcher Forschungen sprechen öffentlich von einer Myriade von Möglichkeiten, die diese Spielerei mit der Grenzlinie zwischen lebendem und nicht-lebendem Material auf atomarer Ebene bereitstellen könnte: Selbst-reinigender Kunststoff, in dem sich Enzyme vom Schmutz ernähren, Flugzeugtragflächen voller Proteine, die als Klebstoff fungieren, wenn der Flügel beschädigt ist und ihn somit reparieren, Atom-Ansammlungen, die dazu vorgesehen sind, als Essen oder Trinken verwendet zu werden, und auf verschiedenste Arten kombiniert werden können, um das begehrte Essen oder Getränk zu kreieren, ultra schnelle Computer mit Schaltkreisläufen, die auf einem “Gerüst” aus DNA basieren, elektrische Leiter auf Proteinbasis in nanometrischen Dimensionen – d.h., “lebendiger Kunststoff”, der auf einem genetisch manipulierten Bakterium aufbaut, das fähig ist, Enzyme zu produzieren, von denen Wissenschaftler behaupten, sie könnten polymerisieren.
Aber das ist nur der wertlose Schnickschnack der der Öffentlichkeit präsentiert wird, um beim Konsumenten infantile Begierden zu erwecken, der dann nach deren Befriedigung verlangt. Diese Gadgets sind wenig mehr als Öffentlichkeitsarbeit. Viel bedeutender sind die miniaturisierten Informationsprozessoren, die in jedem dieser Gadgets gefunden werden können. Diese Miniaturisierung öffnet der Verwendung von intelligenten Mikrochips für jedes x-beliebige Produkt auf dem Markt die Türen. Bestimmte Hersteller haben Mikrochips auf Produkten platziert, die ermöglichen, die Bewegung dieser Produkte zu verfolgen. Durch ihre Miniaturisierung bis auf den Nanobereich ist es dem Konsumenten unmöglich, sie zu entdecken.
Wie bei jeder anderen technologischen Entwicklung der letzten Jahre, verkünden auch die Befürworter der Nanotechnologie öffentlich den humanitären Gebrauch dieser Technologie – in der Medizin, in der Essensproduktion, in der allgemeinen “Verbesserung” unserer Lebensweise. Doch die wirklichen Interessen der Herrschenden dieser Welt zur Entwicklung dieser Technologie liegen wo anders (wie schon vorher angedeutet).
Nanotechnologie wurde zu einem Großteil im Rahmen von militärischen Studien entwickelt, sowie fast alle technologischen Systeme, die in den letzten sechzig Jahren entwickelt wurde. Ein deutliches Beispiel ist das des MEMS (Mikro-Elektrische-Mechanische-Systeme), die erste Generation von Nano-Maschinen. Dabei handelt es sich um Empfänger und Motoren in der Größe von einem Staubkorn, Prototypen, die in der Industrie bereits zur Verwendung kommen. Die Verwendung, über die im Moment nachgedacht wird, ist die eines Überwachungsstaubs, der auf ein Schlachtfeld oder in eine unter Beobachtung stehende Gegend versprüht würde, um bestimmte Arten von Informationen zusammenzutragen.
Tatsächlich sieht dies dem “Smart-Dust” (“Intelligenter Staub”) sehr ähnlich, dessen Befürworter ihn als “praktische Sache” präsentieren, die auf Wände von Gebäuden gesprüht, mit dem Heizungssystem oder der Klimaanlage verbunden werden könnte und die Heizung, Klimaanlage, Licht, usw. je nach Bedarf an- und ausschalten könnte. Doch es wurde auch mit dem möglichen Nutzen des “Smart Dust” als polizeiliches Überwachungsmittel experimentiert.
Der Roboter-Bulle oder Roboter-Soldat der Zukunft ist wahrscheinlich ein Mikro- oder Nano-Roboter, vielseitig, relativ günstig, beinahe unmöglich zu entdecken und dazu fähig, in beinahe jeden Raum einzudringen.
Nano-Technologie ist ein ideales Mittel, um die soziale Kontrolle erheblich auszuweiten. Denken wir an den Veri-Chip, ein Produkt einer Firma aus Florida, Applied Digital Solutions (Angewandte Digitale Lösungen). Dieser Chip ist ungefähr so groß wie ein Reiskorn und ist dazu vorgesehen, durch Injektion unter die Haut gesetzt zu werden. Er kann so programmiert werden, dass er Informationen über die Person, in die er eingespritzt wurde, beinhaltet und auch mit dem GPS (Global Positioning System) verbunden werden. Seit April 2002 ist er auf dem Markt erhältlich. Die Firma wirbt mit ihm als Mittel, um medizinische Informationen direkt auf dem jeweiligen Körper zu speichern, und auch als eine Art elektronischen Bodyguard für Reiche zum Schutz vor einer eventuellen Entführung. Aber die Möglichkeiten einer viel unheimlicheren Art werden nicht vergessen. Der CEO der Firma schlug vor, dass der Veri-Chip eine großartige Alternative zur Green-Card darstellen würde und hat auch dessen Verwendung für Kinder, Senioren oder Häftlinge vorgeschlagen. Es ist wahrscheinlich, dass eine Technologie mit so viel Potenzial für soziale Kontrolle auf immer breiterer Ebene Verwendung findet, bis sie schließlich als normal betrachtet wird. Dann wäre es nur noch ein kleiner Schritt sie verpflichtend zu machen – erst durch eine indirekte Erpressung: “Nein, sie müssen sich das nicht unter ihre Haut einpflanzen lassen, aber wenn sie es nicht tun, dann werden sie keine Arbeit bekommen, Sozialhilfe empfangen, Einkäufe machen können, kein Bankkonto haben können, usw., usf…”. Aber mit großer Wahrscheinlichkeit wird er eines Tages gesetzlich erforderlich, mit Strafen gegen Verweigerung oder Entfernung der Mikrochips.
Tatsächlich hat die britische Regierung vorgeschlagen, Mikrochips in verurteilte Pädophile zu implantieren. Diese Mikrochips würden nicht nur den Aufenthaltsort des “Trägers” registrieren, sondern auch den Herzrhythmus und die arterielle Spannung. Mit anderen Worten, nicht die spezifischen Zeichen der sexuellen Erregung, sondern jene von Nervosität und Angst – dieselbe Nervosität und Angst, die ein Dieb oder Saboteur fühlen könnte, während er agiert. Mit der Verwendung der Besorgnis, die von den Medien über die Pädophile erweckt wurde, wird ein eindeutigen Fall für öffentlichen Konsens geschaffen, der eine erhöhte soziale Kontrolle ermöglicht, im Namen unserer Kinder, die in der Angelegenheit kein sagen haben. So wird das Projekt, die soziale Kontrolle direkt in unsere Körper zu tragen, gerechtfertigt. Und wenn die Menschen einmal an die Idee gewöhnt sind, das bestimmte Menschen unter Überwachung stehen sollten, wird diese Überwachung leicht eine Verbreiterung des Rahmens finden.
Die Angst um die Sicherheit von Kindern liefert bereits einen weiteren Bereich zur Ausweitung dieser Überwachung. Die Experten und Eltern-Assoziation in Großbritannien schlug vor, dass alle Kinder Mikrochips erhalten sollten, nachdem im Jahr 2002 zwei Kinder vergewaltigt und ermordet wurden. Auf diese Weise würden alle Kinder auf Lebenszeit zu Mündeln des Staates und dessen technologischem Apparat. So kommt eine andere Frage auf: Wer wird die Kinder von dem eindringenden Blick ihrer Eltern und des Staates schützen? Wer wird sie vor dem unausweichlichen Netzwerk der technologischen Kontrolle schützen?
Die Wichtigkeit der nanotechnologischen Forschung für die Machthaber wird durch die immense Anhäufung von Geldern für diese Forschung offensichtlich. Die US-Regierung investiert 600-700 Millionen Dollar pro Jahr in diesen Sektor. Die Europäische Union investiert auch mehrere hundert Millionen Euro in diese Forschung, an der sich Multinationale wie Philips, Motorola und STMikroelektronik beteiligen.
Solche Mikrochips veranschaulichen nur eine der Weisen, auf die die Mikro- und Nanotechnologie die Unterscheidung zwischen lebenden und nicht-lebenden Wesen durch das Eindringen der Maschinen in den lebenden Körper verzerren – der Cyborg der Science Fiction. Aber mit der derzeitigen Kreation von organischen Maschinen, die scheinbar biologische Funktionen ausführen (Befürworter der Nanotechnologie haben von Maschinen gesprochen, die dazu fähig sind, sich selbst unter Verwendung von Methoden zu reproduzieren, die der asexuellen Reproduktion von Zellen ähneln), die die Angst davor erwecken, dass alles zu einem grauen, schleimigen Brei wird, geht die Nanotechnologie noch einen Schritt weiter. Die Angst, dass die mikroskopischen Maschinen, die sich selbst reproduzieren können, schließlich in alles eindringen könnten, während sie Moleküle zerstören, um deren programmierte Funktionen auszuführen und in diesem Prozess alles zu zerschmelzen.
Natürlich, diese Angst ist von der extremsten und apokalyptischsten Sorte. Aber im Namen des “Fortschritts” werden selbst die legitimsten Ängste – wie die Angst vor der totalen Überwachung der Existenz, oder die Angst vor einer möglichen Infektion durch nanotechnologische Entwicklungen – beiseite geschoben. Die Untaten der Techno-Wissenschaft und die Desaster, die sie verursachen, werden immer ihrer ”schlechten Verwendung” zugeschrieben, denn die Technologie ist natürlich neutral. Dass diese Desaster eines nach dem anderen zu folgen scheinen, scheint keinerlei Fragen über diese angebliche Neutralität aufzuwerfen, darüber, ob eine “gute Verwendung” überhaupt möglich ist.
Die Experten haben immer die Rolle übernommen das technologische System zu rechtfertigen, die laufende Parade von Desastern als schlichte Zwischenfälle zu erklären, als Abweichungen die nicht im Geringsten das System selbst widerspiegeln. Wir können sie nicht länger diejenigen sein lassen, die in diesen Angelegenheiten Entscheidungen treffen. Und die Fähigkeit, in dieser Angelegenheit für uns selbst zu entscheiden, kann nur einen Weg einschlagen, den Weg des Angriffs gegen das System der Herrschaft und Ausbeutung, in all seinen Facetten. Zu dem Zeitpunkt, an dem uns die wissenschaftlichen Experten über diese Technologien Bescheid geben, lassen sie uns eine Entscheidung erfahren, die bereits über unseren Köpfen getroffen wurde. Es ist völlige Zeit- und Energieverschwendung zu diesem Zeitpunkt irgendeinen Dialog mit den herrschenden Mächten, denen sie dienen, zu suchen. Wir müssen diese Entwicklungen als das erkennen, was sie sind – ein weiterer Diebstahl unserer Leben, ein Angriff auf jedwede Fähigkeit zur Selbstbestimmung, die uns noch geblieben ist.
Die Opposition gegen diese jüngsten technologischen Entwicklungen kann nicht den Weg von so vielen vergangenen Oppositionsbewegungen einschlagen, sie kann nicht der Versuch sein, mit den Herren dieser Welt in Dialog zu treten. In einem solchen Dialog werden die Herren immer gewinnen. An einigen Orten müssen die Monstrositäten, die von diesen Technologien produziert werden, vielleicht mit einem Stempel versehen werden, sodass wir eine “Wahl” haben. Doch so werden die Monstrositäten dennoch zu einem normalen Teil unserer Existenz.
Nanotechnologie erschafft die winzigsten Monstrositäten, die der größten Gräuel mächtig sind, denn sie sind dazu fähig, die Systeme der sozialen Kontrolle direkt in unsere Körper hineinzutragen. Wir können nicht einmal mehr so tun, als gäbe es hier noch irgendeinen Platz für Dialog. Dies ist eine offene zur Schau Stellung der Herren dieser Welt, davon, dass die Beibehaltung des sozialen Friedens ein Kriegsakt gegen alle Ausgebeuteten und Enteigneten ist. Für diejenigen von uns mit der Begierde, unsere Leben nach unseren Vorstellungen zu erschaffen und diejenigen, die das Verlangen haben, menschliche Individuen zu bleiben, mit der Fähigkeit zu jeder Art von autonomer Handlung, ist es notwendig, zerstörerisch gegen das gesamte System der sozialen Kontrolle und die Gesamtheit dieser Zivilisation vorzugehen, in der Maschinen Menschen reiten und Menschen sich langsam in Maschinen verwandeln.
Hier und Jetzt.
Wolfi Landstreicher