Mexiko: Mitteilung des Gefährten Mario Lopez von Juni 2012
Der in Mexiko bei der Explosion einer Bombe verletzte Gefährte Mario Lopez hat sich im Juli in einem Brief zu Wort gemeldet. Hier die deutschsprachige Übersetzung, das Original ist auf der spanischsprachigen Soliwebseite zu finden: solidaridadmario.espivblogs.net, sowie zwei von Mario gezeichnete Bilder.
Companer@s:
Heute wurde mir mitgeteilt, dass sie mich, komme was wolle, unter allen Umständen in den Knast stecken werden; sie nennen es hier “in Gewahrsam nehmen” und es lässt sich nur mit dem Tatbestand des Anarchist-Seins erklären, da sie keine ausreichenden Beweise für die Ingewahrsamnahme haben.
Sie blockieren uns, wo sie nur können, behindern die Beratung der Anwältinnen, die den Fall übernommen haben, begrenzen die Besuchszeiten. Oft lassen sie meine Mutter nicht zu mir. Das ist, mehr als offensichtlich, eine Ingewahrsamnahme; nur, weil ich mich stolz als Anarchist bezeichne, und sie versuchen, mich unter allen Umständen ins Gefängnis zu überführen, da es dort kein Licht gibt, das alle ihre Folterungen erhellt. Aber wie Claudio Lavazza sagt: “Wir Anarchisten tragen den Knast in den Venen.”
Ganz ehrlich, das, worauf ich mich mental nie vorbereitet habe, war, verletzt und widerlich in einem Krankenhaus zu sein, isoliert von der Außenwelt, in der Ungewissheit.
Das hat mich von Anfang an schwer getroffen: sowohl der von der Explosion verursachte Schock, als auch die darauf folgende Ohnmacht und der physische Schmerz.
Die Polizei hat sich auf mich gestürzt: sinnlose Verhöre mit schwammigen Szenarien, die Demütigungen, insbesondere die Drohungen gegen mich und meine Familie. Kaum zwei Stunden nachdem ich den OP-Saal verlassen hatte, mit Schwindel und ständigem Erbrechen, verwirrt, dass ich noch am Leben war, ohne die psychische Kraft, klar analysieren zu können, mit gänzlicher Unkenntnis der Situation…das war ihr Festmahl.
Ich bekannte mich zum Anarchismus und sie haben ihre Wut umso mehr rausgelassen…aber so läuft es eben. Und ich habe gleichermaßen kapituliert.
Was meinen Gesundheitszustand angeht, glaube ich, dass alles gut wird; sie sind manchmal etwas rücksichtslos und auf Grund der ständigen Bewachung bin ich in einer Umgebung untergebracht, in der ich nicht sein sollte (ich brauche eine sterilere). Aber im Großen und Ganzen geht es mir gut.
Ich bin allen Menschen, Kollektiven etc. sehr dankbar, die uns (mich, meine Mutter, die Anwältinnen und nahen Freund_innen) unterstützt haben. Ehrlich, ich habe nicht mit so viel Unterstützung aus den unterschiedlichen Bereichen gerechnet, danke, dass ihr mich in dieser Situation nicht alleine gelassen habt.
Die letzte Frage:
Compas, es würde es gut finden, wenn das, was mir passiert ist, nicht als Ausgangspunkt für Angriffe und Ausschlüsse gelten würde. Alles muss kritisch gesehen werden. Was ich über die Situation gesagt habe, geschah nicht in der Absicht, mich als Opfer darzustellen, ich will nur, dass ihr wisst, wie es passiert ist.
Ich bereue nichts!
Ich bekenne mich zum Anarchismus!
Auch lasse ich mich nicht auf diese blöden Zusicherungen ein, dass Anarchist-Sein “kein Straftatbestand” sei. Der Staat macht aus allem, was ihn stört, einen Straftatbestand. Dabei geht es darum, alles, was sich seiner Macht, Überlegenheit und seinem Wohlstand entgegenstellt, auszulöschen.
Compas, voran im Kampf.
Sie werden uns nicht aufhalten, sie werden mich nicht aufhalten, sie können uns nicht stoppen.
Tod dem Staat, es lebe die Anarchie!
Ich bekenne mich zum Anarchismus, als Feind des Staates. Aus Prinzip bin ich weder Teil eines Prinzips, noch einer Bewegung, eines Kommandos, einer Föderation oder eines Blocks. Schon gar nicht bin ich Teil dieses unheilvollen, staatstreuen Aufrufs “#yo soy 132”.
Einen Gruß und eine kraftvolle Umarmung an meine Seelenschwester, wo auch immer sie sein mag.
Solidarität mit den compas der CCF y Lucha Revolucionaria!
Solidarität mit Tortuga aus Chile, mit Eat und Billy aus Indonesien und mit den italienischen anarchistischen Gefangenen der “Operation Ossadia”.
Braulio, mein Bruder, ich bin bei dir!
Sozialer Kampf an allen Fronten!
Bemerkung: Aus Gründen der physischen Schwäche schreibe ich wenig und zusammenhangslos. Glaubt nicht, was die Medien über mich berichten, sie müssen wie gewöhnlich ihre Arbeit tun.
Mario Lopez, Tripa