Redebeitrag auf der Kundgebung am 22.08.07
Am 22.08.2007 fand vor dem Knast in Berlin-Moabit eine Kundgebung in Solidarität mit den Inhaftierten statt, welche als militante gruppe wenige Wochen zuvor versucht haben sollen Bundeswehrfahrzeuge abzufackeln. Bericht zu Kundgebung, weitere Infos auf der Soligruppenwebsite.
Wiedereinmal innerhalb von wenigen Monaten werden wir gezwungen Zeugen der schmutzigen Bewegungen der Bundesanwaltschaft zu sein: am 31. Juli wurden drei unserer Freunde in der Nähe von Berlin festgenommen, nachdem sie angeblich Brandsätze unter Fahrzeuge der Bundeswehr gelegt haben sollen. Eine vierte Person wurde in seiner Wohnung festgenommen, beschuldigt wird er die Erklärungen der Gruppe geschrieben zu haben. Drei weitere Personen befinden sich im Moment auf freiem Fuß, aber es laufen Ermittlungen gegen sie. Wofür genau? Paragraf 129a, terroristische Vereinigung: sie alle sollen der Militanten Gruppe, eine seit 2001 aktive klandestine Gruppe, angehören.
Wir wollen nicht weiter darauf eingehen, es wurde bereits genug darüber von allen Seiten geschrieben.
Was uns viel mehr interessiert, ist ein paar Worte zur Solidarität zu äußern. Es ist eine Tatsache, dass vier Freunde im Gefängnis sitzen unter den üblichen schweren Bedingungen. Vom allerersten Augenblick an wurde viel Solidarität ausgedrückt, speziell für einen der Gefangenen. Er wurde nicht im Rahmen einer angeblichen Brandstiftung festgenommen und er arbeitet an der Universität, so hat er einen bestimmten Status in den Augen von vielen Menschen. Es scheint kein Problem für viele Menschen zu sein, Solidarität mit einem kriminalisiertem Lehrer und Opfer eines zwielichten und abgekarteten Spiels der Polizei zu zeigen. Und wir, selbstverständlich, geben ihm natürlich auch unsere ganze Solidarität!
Auf der anderen Seite scheint es für eine Vielzahl von Leuten, wie etwa normale BürgerInnen, UniversitätslehrerInnen und Möchtegern-PolitikerInnen innerhalb unserer Bewegung, eine Unmöglichkeit zu sein, Unterstützung für diejenigen zu zeigen, welche möglicherweise einen Brandanschlag gegen die Todesmaschinerie der deutschen Armee unternommen haben.
Viele Menschen fürchten sich davor vom Staat als MG-UnterstützerInnen oder einfach als „gewaltbereit“ eingestuft zu werden. Andere verurteilen absolut jede Form der Gewalt, sogar diejenige gegen Sachen.
Allgemein nehmen es einige in Kauf nicht zu viel über die drei „Anderen“ zu sprechen, weil daraus resultieren würde, dass es schwierig wäre alle oben erwähnten verschiedenen UnterstützerInnen in dasselbe Boot zu holen.
Wir wollen uns den Stimmen aus dem Chor anschließen und das Bedürfnis zurückfordern, offene Unterstützung auch für diejenigen zu zeigen, welche für „schuldig“ erklärt werden etwas Ungesetzliches getan zu haben.
Für uns gibt es keine Unterscheidung zwischen „Unschuldig“ und „Schuldig“: diese Kategorisierungen gehört nicht in unseren anarchistischen Background, ferner sollten diese bei keinem aufrichtigen linken Radikalen und dergleichen zu hören sein.
Wir müssen fähig dazu sein unsere volle Unterstützung für diejenigen auszudrücken, die mit ihren favoritisierenden Mitteln gegen die gegenwärtige Gesellschaft kämpfen. Sie müssen fühlen, dass sie nicht alleine sind und dass wir für sie und für ihre möglichen Handlungen eintreten. Natürlich darf diese Solidarität eine dauerhafte und kritische Debatte mit unseren Freunden nicht ausschließen.
Deshalb ist es äußerst wichtig, dass wir uns nicht aufspalten lassen zwischen „gut“ und „böse“, dies ist das normale Spiel des Staates und des Kapitals. Es ist wichtig, eine entschlossene Unterstützung für alle unsere eingesperrten Weggefährten ohne jedwige Unterscheidungen zu zeigen.
Und wir sind glücklich darüber zu sehen, dass es mehrere Stimmen gibt, die auch unserer Meinung sind, wie viele Solidaritätsbekundungen innerhalb der letzten Tage zeigen, von wütenden Kundgebungen vor dem Knast bis zu direkten Aktionen.
Wir lassen uns nicht einschüchtern.
Der Kampf für die Abschaffung der Paragrafen 129a und b ist sehr wichtig. Der fortdauernde Gebrauch dieses Paragrafen dient zur Kriminalisierung unseres Widerstands. In Ländern wie Spanien und im besonderen in Italien, wo er eigentlich alle zwei Monate verwendet wird, ist dies bereits zu einer erschreckenden Normalität geworden. Bewegen wir uns in dieselbe Richtung?
Wir wiederholen es gerne noch einmal, für uns gibt es nur eine Terroristenorganisation und dies ist der Staat. Deshalb ist es ein großer Widerspruch Menschen, welche sich aktiv einer der Hauptorganisation des Todes und des Terrorismus, wie der Armee, entgegensetzen, jetzt als Terroristen zu benennen! Dies ist etwas worüber jeder selbst nachdenken sollte.
Wir dürfen nicht vergessen zu erwähnen, dass das Problem nicht nur die Inhaftierung von jemanden aus unserem Umfeld ist, sondern noch mehr sogar durch die Existenz des Gefängnisses vertreten wird.
Die Existenz dieser grauen Wände ist eine Bedrohung für uns alle und wir müssen tagtäglich für deren Zerstörung kämpfen.
Freiheit für Axel, Florian, Oli und Andrej!
Freiheit für alle!
Zerstört alle Gefängnisse!
ABC Berlin