Solidarität mit Alfredo und Christos
Update: 22. November 2010: Am heutigen Montag fand der Prozess gegen Alfredo und Christos statt. Er endete damit, dass Alfredo zu vier Jahren Haft verurteilt wurde, aber da er schon über ein Jahr im Knast sass und über 70 Jahre alt ist, wird er morghen entlassen werden. Christos wurde zu acht Jahren und neun Monaten verurteilt und wird vorraussichtlich Ende 2011 entlassen werden.
Wir grüßen Alfredo und hoffen, dass er sich schnell von den Strapazen des Knastes erholen wird. Freiheit für alle!
Stellungnahme von Bonannos und Stratigopolous Angehörigen
Kameraden!
Die Verhandlung von Bonanno und Stratigopolous in Larissa endete darin, dass Bonanno zu einer Gefängnisstrafe von 4 Jahren für die Partizipation an dem Raub verurteilt wurde, während Stratigopolous zu 8 Jahren und 3 Monaten für alle Delikte verurteilt wurde. Das ohne Kaution und ohne Anerkennung möglicher aussergewöhnlicher Umstände.
Es war von Anfang an klar, dass der Richter und der Anwalt eine schnelle Verhandlung wollten ohne ideologische Charakteristiken und einzig unter der Anleitung der Kriminalakten der Angeklagten. Kurz, sie wollten beweisen dass Alfredo Bonanno der Führer, der moralische Täter des Überfalls war, und dass Christos der Schüler war, der den Plan ausführte.
Dennoch, dank der soliden Beweise, den Zeugen die zum Vorteil der beiden aussagten und der großartigen Beiträge der Verteidiger (Papadakis, Kourtovik, Sineli), fielen diese Ansätze in sich zusammen.
Es „schmerzt“ sie, dass Alfredo frei war, dass er im Grunde genommen seine Strafe absass – und sie suchten nach jedem möglichen legalen oder anderen Trick um ihn weiter zu foltern. Und deshalb wurde er unter dem Vorwand der Absegnung seiner Ausweisung aus dem Land vom Larisa´Gefängnis ins Polizeihauptquartier von Athen überstellt.
Dort informierten sie uns, dass abseits der Interpol Warnung, sie ihn auch festhalten würden bis ihr politischer Senior-Polizeibeamter darüber „urteilen“ würde ob er gemäss des Artikels 106 des Präsidentschaftserlasses von 2007 abgeschoben werden würde. Später in der Nacht, nachdem wir einen Anwalt von Larisa angerufen hatten, wurden wir informiert, dass Alfredo erneut verhaftet wurde, gemäss dem oben genannten Artikel, da er als Bedrohung für die öffentliche Sicherheit bezeichnet wurde und damit persona non grata in Griechenland!
Wiedereinmal musste er das offensichtliche beweisen! Ein 74 jähriger Mann mit einem sehr schlechten Gesundheitszustand wurde als gefährlich bezeichnet. Das selbe galt für uns, die wir draussen warteten, die sehr wenigen Kameraden, die draussen auf einer Bank sassen: sie entsandten Anti-Krawall Bullen, DIAS und Zita Motorrad Bullen, Zivilbullen und die Anti-Terroris Einheit um uns zu bewachen, da wir eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellten!
Konfrontiert mit dieser offensichtlichen politischen Revanche-Aktion, ausgespielt in dem Kontext einer strategisch abgedeckten psychologischen Kriegsführung gegen Alfredo, mussten wir uns entscheiden ob wir im Gericht von Larisa Einspruch erheben sollten, was bedeuten würde, dass Alfredo in Haft verbleiben musste bis die Entscheidung gefällt wurde, oder bis der griechische Staat entscheiden würde, ihn offiziell abzuschieben. Die unmittelbare Lösung die von seinen Anwälten gegeben wurde war, dass er am Dienstag Nachmittag entlassen wurde und selbst in den kommenden Tagen von Larisa über Athen nach Italien fahren würde.
Nach allem durch dass die Kameraden durchleben mussten vom Tag seiner Verhaftung bis gestern, sowie für den Rest von Christos Tagen im Gefängnis, wünschen sie und wünschen wir ein riesiges „Danke euch!“ an alle Freunde und Kameraden von Konitsa, die zu unserer Unterstützung kamen, die Freunde von Giannena und von überall in Griechenland sowie aus dem Ausland die an unserer Seite standen und uns Mut und psychologische, moralische und finanzielle Unterstützung gaben.
An die Kameraden strecken wir unsere Hand aus, wir vereinen unsere Kameraderie in einer Dynamik von anarchistischer Solidarität…
– Die Familien von Christos und Alfredo
Update: 22. September 2010: Der Prozess gegen Alfredo Bonanno und Christos Stratigopoulos, die seit dem 1. Oktober 2009 in Griechenland in Haft sind und wegen Raub angeklagt sind, wird am 22. November 2010 stattfinden.
Update: 25. April 2010: Ausdehnung der Inhaftierung von Alfredo Bonanno und Christos Stratigopoulos
Vor einigen Tagen wurde der Antrag für die Freilassung von A. Bonnano und Ch. Stratigopoulos verneint und es wurde entschieden, dass beide weitere sechs Monate hinter Gittern zu verbringen haben.
Speziell im Fall von Alfredo wurde die Verlängerung der Haft entscheiden trotz mehrerer Hinweise von Ärzten (Knastärzte sowie welche von draußen, die ihn untersucht hatten) auf seine sehr ernsten Gesundheitssituation.
Stoppt die körperliche Vernichtung, Sofortige Freilassung von A. Bonnano
Solidarität mit Ch.Stratigopoulos
Freiheit für alle eingeknasteten KämpferInnen
Update: 09. April 2010: Am 26. März gab es eine Aktion vor der griechischen Botschaft in Rom, welche die Forderung der Freilassung der beiden Inhaftierten unterstreichen sollte.
An der Vorderseite des autonomen besetzten Kulturzentrums Roten Flora in Hamburg ruft seit wenigen Tagen eine Plakatwand zur Solidarität mit Alfredo und Christos auf.
Update: 08. April 2010: Solidarität mit Bonanno und Christos in Lissabon
Am vergangenen Dienstag, 23. März wurden am Eingang, im Büro und auf der Straße in der Umgebung der Handels- und Wirtschaftsabteilung der griechischen Botschaft im Bezirk Saldanha in Lissabon einige Hundert Flugblätter verteilt.
Nachfolgend der Text des verteilten Pamphlets:
“Freiheit für alle, in Griechenland und überall”
Es ist wahr, die Situation in Portugal ist dieselbe wie die in Griechenland. Bevölkerungen die in Armut leben, in einem alltäglichen Elend in dem wir fühlen dass sich das Leben in ein Überleben verwandelt, in einem Ausmaß, dass die Bosse und Banken uns jeden Moment und jeden Bereich stehlen, der einmal unserer war. Polizei, Gerichte und Gefängnisse für diejenigen, die es wagen sich mit diesem Elend zu konfrontieren, und mit jedem Mal mehr, gleichsam für diejenigen, die keine Konfrontation eingehen. Menschen die mit einer widerlichen Regelmäßigkeit verfolgt, geschlagen oder durch Polizeischüsse getötet werden, weil wir alle eine potentielle Bedrohung darstellen, “einfach nur weil,” weil der Staat die Autorität hat und die Waffen sowie Angst vor der Revolte. Gefängnisse, die genau ihre Funktion erfüllen: die Würde zu eliminieren, als Deponie für die Unerwünschten zu dienen sowie als Exempel und um die Widerspenstigen hinzurichten. Hinrichten, schlicht und einfach hinrichten. Aber in Portugal, wie in Griechenland, wie überall, gibt es jene, die angesichts dieses ausbeuterischen Systems, der Unterdrückung, der Vernichtung von allem, dass noch frei atmet, nicht versteinert stehenbleiben. Es gibt jene, die die Verzweiflung und Resignation beiseite schieben und das Leben mit Nägeln und Zähnen packen, und zum Angriff übergehen. Christos Stratigopolous und Alfredo Maria Bonanno sind nur zwei dieser Individuen, im Oktober 2009, in Folge eines Banküberfalls in Trikala, in Griechenland verhaftet. Unabhängig der Verbrechen derer sie angeklagt werden, ist das Verbrechen, das sie begangen haben, der Kampf für die Freiheit. Wir wollen im speziellen die missbräuchliche Inhaftierung von Alfredo M. Bonanno brandmarken. Er sitzt in unakzeptablen Bedingungen im Gefängnis von Koridallos (Athen) ein, noch zusätzlich verschlimmert durch den Versuch der Staatsanwaltschaft, ihn mit einem anderen Banküberfall zu belasten, der im Juli 2009 stattfand. Die Rachepolitik des Staates hat die physische und psychologische Vernichtung dieses 73 jährigen Kameraden/Gefährten zum Ziel, der mit ernsten gesundheitlichen Problemen konfrontiert ist. Alfredo Bonanno ist ein Anarchist, der seit Jahrzehnten in der Bewegung involviert ist, der aktiven Widerstand gegen die Diktatur der griechischen Oberste (1967-1974) leistete, und Autor und Herausgeber von vielen anarchistischen Texten ist. Dies sind die wahren Gründe für die er unter Bedingungen gefangen gehalten wird, die sein Leben bedrohen.
Wir fordern die sofortige Freilassung von Alfredo Maria Bonanno.
Für die Zerstörung aller Gefängnisse.Internationale Solidaritätsinitative mit Alfredo Maria Bonanno und Christos Stratigopolous.
Am selben Tag wurde ein Banner mit der Textzeile “Gegen den griechischen Staat und alle Gefängnisse / Freiheit für Bonanno und Christos” am Alameda-Brunnen in Lissabonn angebracht.
Update: 27. März 2010: Am Mittwoch, den 10. Februar gegen 11 Uhr begab sich eine Gruppe von GenossInnen und FreundInnen zur griechischen Botschaft in London, in Protest mit den Bedingungen in den Knästen in Griechenland und um ein Fax für den griechischen Justizminister auszuhändigen. Ein Bericht mit Fotos auf www.aftertrikala.blogspot.com .
Einige weitere solidarische Aktionen
Am 9.12. werfen einige solidarische Menschen Farbbeutel auf das „Zentrum für rechtliche Studien“ in Lissabon, Portugal. In ihrer Erklärung schreiben sie, dass dort die Richter von morgen ausgebildet werden. Außerdem betonen sie ihre Solidarität mit allen kämpfenden Gefangenen und fordern die Freiheit von Antonio Ferreira, ein Langzeitinhaftierter in Portugal, und von Alfredo und Christos.
Am 24.12. werden in Rovereto, Italien, zwei Bankautomaten in Solidarität mit den Beiden gesprengt.
Am 24.2. wird in Bristol, England, das Hauptquartier der Royal Bank of Scotland angegriffen. Steine und Farbbeutel werden auf das Gebäude geworfen, während die Strasse mit brennenden Reifen blockiert wird. Die Aktion wird in Solidarität mit den in Kanada gegen die olympischen Winterspiele 2010 kämpfenden, sowie mit Alfredo, Christos, Polykarpos Georgiades, Vaggelis Chrisohoides, Giannis Dimitrakis, Gabriel Pombo da Silva und allen kämpfenden Gefangenen durchgeführt.
Am 27.2. werden die neu eingeführten ID-Scanner auf dem Campus des Hunter College in New Yorck angegriffen, sie gelten als Zeichen der herrschenden Knastgesellschaft. Außerdem wird eine Marathon-Bank, eine Tochter der griechischen Piräus-Bank, in Solidarität mit Alfredo und Christos attackiert. Die Schlussworte der Erklärung: „für ein Auge, zwei Augen. für einen Zahn, das ganze Gesicht“.
Am 28.2. werden im Thessaloniki ein Fahrzeug der Lokalregierung und eine Millenium-Bank durch Brandsätze in Brand gesteckt. Die Aktion wird Alfredo gewidmet mit den Worten: „Übt der Staat Rache aus? Ihr werdet sehen wie viele Racheakte wir werden ausüben können. Ihr werdet A. Bonanno im Knast vernichten? Ihr zwingt uns noch mehr Feuer in unseren Händen zu halten“.
Update 10. Februar 2010: Die Entscheidung über die Haftentlassung von Alfredo fiel negativ aus. Damit sitzt er weiterhin mit besorgniserregenden gesundheitlichen Problemen in Haft.
Update 3. Februar 2010: Ein paar solidarische Menschen besuchten heute das griechische Konsulat in Berlin –> ein Bericht und Fotos.
Update 19. Januar 2010: Die neue Adresse der Beiden lautet:
T.K. 18110
ATHENS
GREECE
Ab dem 20. Januar wird eine Entscheidung des Gerichtes auf die Anfrage zur Entlassung auf Kaution bis zum Prozessbeginn erwartet.
Weiter unten auf dieser Seite gibt eine Zusammenstellung von ins Deutsche übersetzten Texten, die zum Großteil der Webseite www.aftertrikala.blogspot.com entnommen wurden. Sowie eine Chronologie der solidarischen Aktionen für die beiden Inhaftierten. Einige der Texte gibt es auch als Zusammenstellung als Flugblatt: download der pdf.
Update 17. Januar 2010: Vor zwei Tagen, am letzten Freitag, den 15. Januar, wurden Alfredo und Christos nach Athen in den Knast Korydallos gebracht. Ob dies eine dauerhafte Verlegung ist oder dies nur aufgrund des in den nächsten Tagen in Amfissa stattfindenden Prozesses gegen die Bullen, welche Alexis am 6. Dezember 2008 in Athen erschossen haben, stattfand, ist momentan unklar.
07. November 2009: Die Anarchisten Alfredo Bonanno und Christos Stratigopoulos befinden sich im Gefängnis von Amfissa, Griechenland, in Haft. Nachdem sie am 1. Oktober nach einem Banküberfall festgenommen wurden. Christos ist des bewaffneten Überfalls angeklagt und Alfredo der Komplizenschaft. Die Anwälte haben für Alfredo aufgrund seines Gesundheitszustandes eine Anfrage auf Hausarrest verfasst.
Schreibt den beiden Inhaftierten an folgende Adresse:
Tzamala 27
33100 Amfissa
Greece
Es wurde ein Spendenkonto eingerichtet, schreibt uns, wenn ihr spenden wollt.
Revolutionäre Solidarität mit Alfredo und Christos und all denjenigen im Kampf gegen die Welt der Gefängnisse und der Banken.
(…)
Das Hauptproblem bleibt Alfredos ziemlich schlechter Gesundheitszustand. Außer seinen sowieso schon existierenden Gesundheitsproblemen, die er schon hatte bevor er in Griechenland eingeknastet wurde, sind nun auch wieder die Schmerzen in seiner Schulter aufgetaucht. Diese rühren von einem Tumor, der, wie in Italien diagnostiziert wurde, sofort operiert werden muss. Es besteht kein Zweifel daran, dass sein Gesundheitszustand sich nach seiner erneuten Inhaftierung in Griechenland wesentlich verschlechtert hat. Dies wiederum liegt nicht zuletzt an den schlechten Bedingungen unter denen Alfredo eingesperrt wird, mit denen zwar viele leben müssen, aber auf Grund seines Alters für Alfredo besonders gravierend sind.
Zudem entwickeln sich die Dinge auf der Verwaltungsebene nur extrem langsam. Ein Beispiel hierfür sind die Ergebnisse einer Röntgenuntersuchung seiner Schulter, die vor 20 Tagen in einem örtlichen Krankenhaus durchgeführt wurde, ihm und seinem Anwalt aber immer noch nicht ausgehändigt wurden. Sie jedoch werden benötigt um einen erneuten Antrag auf Freilassung stellen zu können.
(…)
Die Notwendigkeit seiner Entlassung wird immer unverlässlicher.
Fast jeden Tag bekommen wir Briefe und Postkarten von Genoss_innen aus Griechenland, aber auch aus ganz Europa. Das gibt uns viel Kraft, vor allem Alfredo in seinem derzeitigen Zustand, da wir so wissen, dass wir unter diesen schwierigen Bedingungen nicht alleine sind.
(…)
Hier sind wir wieder mit dem Problem des Raubüberfalls konfrontiert, das uns, herausgerissen und als ganzes von der Realität isoliert, hingeworfen wird – als eine beständige Bewegung, die einer Logik der Zergliederung und des Historizismus trotzt – und jeder fühlt sich, als müsse sie/er unbedingt etwas über das Subjekt aussagen.
Der Fokus liegt auf ein paar Anarchisten nach einem Bankraub und von diesem Moment legt sich die Zeit über diejenigen, die an diesem Tag einfach rausgegangen sind, ihre eigenen Gründe hatten – ohne zuvor Gesetzestexte zu konsultieren oder irgendjemand nach ihrem/seinen Einverständnis gefragt zu haben. Und hier beginnt die Verwandlung in ein Symbol, in Geschichte in Verdinglichung.
Wenn das freie Handeln von der Gegenseite vereitelt wird und die Gesetze sich aufzwängen gereicht das bürgerliche Bewusstsein dem Individuum und seinen Träumen zum Nachteil egal wie konfus oder unterdrückt diese auch sein mögen. Wer sind die Männer und Frauen, die in jeder/jedem begierigen Bürger_in lauern um regelrecht abzuurteilen? Vielleicht nicht der Raub an sich, sondern sein Misslingen? Wer freut sich nicht wenn anonyme Räuber_innen es schaffen eine Bank auszurauben, einen Sicherheitstransporter zu erleichtern oder ein Juweliergeschäft seiner Beute zu berauben? Ohne Blutvergießen und wieso eigentlich nicht auch mit ein bisschen Stil? In letzter Analyse unterstützt ein_e jede_r die Gewinner_innen. Wir fühlen uns auf eine Art und Weise für die Verletzungen entschädigt, die wir unsere Leben lang erlebt haben. Auf der anderen Seite aber kommt die Logik des Beurteilens dann ins Spiel, wenn solche Versuche fehlschlagen. Und könnte das nicht das gleiche sein, was auch innerhalb der anarchistischen Bewegung passiert? Alle Anarchist_innen sprechen sich für gewisse Dinge aus – theoretisch jedenfalls. Solange sich alles innerhalb des anonymen Flusses des Lebens abspielt sind wir einverstanden, dass Chef_innen Dieb_innen sind, Richter_innen Mörder, Journalist_innen Lügner_innen und Menschen, die Bilder für spektakuläre Darstellungen liefern. Was zählt ist, dass alles diskret über die Bühne geht ohne großes Aufsehen zu erregen.
Aber was wenn Genoss_innen mit der Notwendigkeit konfrontiert sind öffentlich Stellung beziehen zu müssen, weil sie von einem spezifischen Ereignis dazu gezwungen werden, einem, dass versagt hat einen Vorteil zu erbringen? Und wer kann sagen, dass hinter dem Schweigen, der offenen Beurteilung oder dem Klatsch nicht die gleichen Dinge passieren? Wären diese Menschen etwas diskreter gewesen hätten sie sicher machen können was ihnen am liebsten gewesen wäre….Schließlich ist die Enteignung ein Teil unserer Geschichte… aber sie hätten mindestens so dabei wegkommen können ohne dabei auf die Füße anderer zu treten, ohne der noblen Geschichte der Bewegung zu schaden.
Jede_r, die/der die Kristallisation von Teilen der Realität akzeptiert, tut dies so weil dies der Weg ist den sie selbst leben und als Realität empfinden. Und eine real vereitelter Bankraub hier und da macht es, dass die Dinge beginnen hart zu werden für diejenigen, die an der Geschichtsschreibung der Bewegung arbeiten. Aber wo bleiben die Helden der Vergangenheit? Arme Anarchie!
Das gleiche kann aber auch auf der Gegenseite passieren. Durch Mystifizierung des bewaffneten Raubs als solchen. Und dann enden wir in der Logik von Unterstützer_innen – die einen dafür und die anderen dagegen.
Auf der anderen Seite fürchten oder besser erkennen diejenigen, die nicht an Geschichte sondern das eigene Projekt Leben innerhalb der Bewegung glauben, Begriffe wie Fehlschlag oder Misslingen nicht. Sie erkennen die Individualität der Genoss_innen innerhalb des Projektrahmens an. Sie sehen deren Versuche als Bestätigung von Individualität. Sie arbeiten mit ihnen um zu verhindern das es beeinträchtigt wird, indem sie neue, unterschiedliche Momente für dessen Ausdruck eröffnen.
Sie setzen ihr Handeln gegen den Feind fort, womit sie wieder ihre eigene Individualität bestätigen und somit einen weiteren Grund dafür haben dies zu tun. Jeder auf ihre/seine eigene Art mit den eigenen Methoden, nicht für die Geschichtsschreibung, sondern gegen das Bestehende.
In Freiheit, für die Freiheit.
Die Raub an sich ist ein falsches Problem.
Eine weitere Episode in der Chronologie der Repression ist uns allen wohl bekannt: Am 01.10. wurden Alfredo Bonanno (aus Italien) und Christos Stratigopoulos (aus Griechenland), zwei Anarchisten, die schon in der Vergangenheit einige Male von Repression betroffen waren, in Griechenland nach einem Bankraub verhaftet und befinden sich seitdem in der Kleinstadt Amfissa in Haft. Unsere Absicht ist hier weder ihre Aktion zu kommentieren, die sowieso auf ganzer Länge unsere Unterstützung genießt, noch auf Einzelheiten ihrer Verhaftung einzugehen da diese schon in anderen Erklärungen und Flugblättern ausgeführt wurden.
Im Gegenteil ist dies, was uns gerade bewegt und woran wir alle Genoss_innen erinnern wollen die Tatsache, dass Christos und Alfredo immer noch im Knast von Amfissa einsitzen und dies der Punkt ist, über den wir mit größerer Entschlossenheit nachdenken sollten.
Den meisten sind die Knastbedingungen in Amfissa bekannt. Kein Lebewesen sollte in einem Höllenort wie diesem gehalten werden. Wir wünschen uns, dass dieser Ort ein für alle mal zerstört wird – gemeinsam mir allen Knästen und Abschiebelagern dieser Welt. Ein Wunsch, den wir zusammen mit vielen anderen Genoss_innen oft bekundet haben – durch niedergeschriebene Worte und manchmal (wir befürchten allzu selten) mit Taten. Wir stimmen den oft debattierten Punkten zu, Angriffe gegen das System der Ausbeutung zu tätigen, das Knäste baut und jegliche Form von Rebellion unterdrückt und wir sind für die völlige Zerstörung aller Knäste. Auch machen wir uns für die Unterstützung und Solidarität für alle eingesperrten Genoss_innen an allen Orten dieser Welt stark. Wir wollen alle unsere Genoss_innen in Freiheit, zusammen mit allen Rebell_innen, die gerade von welchem Staat auch immer festgehalten werden. Darüber hinaus sind wir auch gegen Knäste für unsere Gegner_innen, da wir eine eigene – andere – Vorstellung von der sozialen Regelung davon haben.
Es spielt sich innerhalb des zuvor beschriebenen Kontextes ab, dass wir die spezifische Situation von Alfredo unterstreichen wollen. Denn auch sein Alter wie auch sein Gesundheitszustand sind Teile dieser Chronologie geworden. Es ist offensichtlich, dass die Verlängerung seiner Einsperrung unter den gegenwärtigen Bedingungen eine bewusste politische Entscheidung ist, die vom Gesetz in der Mächtigkeit der Rache an einem revolutionären Anarchisten, der immer ein entschlossener Feind von Autorität in all ihren Formen gewesen ist, auf das höchste Level bringt.
Handeln ist extrem wichtig geworden, wo sich barbarische Zustände in griechischen Knästen weiter ausbreiten, obwohl letztes Jahr ein langer Hungerstreik von tausenden Gefangenen unternommen wurde.
Solidaritätskonzerte und Gegeninformationen können wichtige Initiativen sein. Sporadische Aktionen gegen Symbole der Macht sind schöne Akte der Solidarität. Ein_e jede_r jedoch bleibt für sich wenn ein permanenter Angriff auf Staat und Kapital als ganzes ausbleibt, der auch die Bestrebung beinhaltet den Kampf weiter auszudehnen und die Ausgebeuteten innerhalb der Mauern der Schande mit einzubeziehen. Dies ist ein notweniger Weg, innerhalb dessen es möglich ist spezifische Aktionen zu planen und auch zum Ziel zu haben einzelne Genoss_innen nicht alleine zu lassen, die sich unter bestimmten Bedingungen in den Händen des Feindes befinden.
Lasst uns jetzt handeln, um den Kampf gegen jegliche Art von Knästen lebendig und effektiv fortzuführen bis alle Gefangenen frei und alle Knäste zerstört sein werden. Vor allem die unsichtbaren Mauern, die die Körper und das Bewusstsein innerhalb täglicher Gewohnheiten und unhinterfragter Rituale mit einreißen.
Lasst uns unseren Genoss_innen, die Geiseln des Staates sind, zeigen, dass wir mit ihnen den flammenden Kampf für das Leben und die Würde beschreiten und dass die Leidenschaft für die Freiheit nicht nur eine Parole ist, sondern ein reißender Strom der Liebe und Zerstörung.
Feuer den Knästen
02. Oktober 2009 – Athen: Bombenanschlag nahe des Premierministers
05. Oktober 2009 – Villejuif: Eingeschlagene Scheiben bei einem Büro der Parti Socialiste
14. Oktober 2009 – Berlin: Angriff auf Polizeiwache mit Steinen und Rauchbomben
02. November 2009 – Brighton: Angriff auf die Zentrale der Royal Bank of Scotland mit Steinen
23. November 2009 – Catania: Graffiti und Transparent aufgehangen
30. November 2009 – Tijuana: 28 ausgebrannte Fahrzeuge der Polizei
04. Dezember 2009 – Berlin: Angriff auf BKA-Zentrale mit Molotowcocktails
25. Dezember 2009 – Thessaloniki: drei Fahrzeuge der Lokalregierung angezündet
… Dezember 2009 – Rovereto: Zerstörung von Bankautomaten mit explosiven Materialien
05. Januar 2010 – Athen: 22 zerstörte Luxusfahrzeuge in einem Showroom
11. Januar 2010 – Lissabon: Poster an Wänden von Banken, Universitäten und einer Bahnstation plakatiert
…viele weitere werden nicht lange auf sich warten lassen, bis zur Freiheit der beiden und aller Gefangenen.
Ehrenwerter Minister Herr Kastanides
Ich bin ein Anarchist, inhaftiert im Amfissa-Gefängnis, wo ich kürzlich angekommen bin. Offensichtlich können sie dies heute verstehen, ich habe die selbe Beziehung zum Sozialismus wie sie zum Antiautoritarismus. Ich erzähle ihnen dies, da ich gerade gestern in den Fernsehnachrichten gehört habe, das Herr Giorgos Papandreou (Premierminister) seine neuen Minister gedrängt hat wie „Antiautoritäre gegenüber der Autorität zu handeln“
Was mich betrifft, ich war immer ein Unterstützer von Aktionen und nicht von oberflächlichen Geschwätz. Dies ist der Grund für mich, warum ich gerade eingekerkert bin und nicht aufgrund meiner Überzeugung.
Ich möchte sie nicht weiter langweilen, ehrenwerter Justizminister. Aber ich habe ihnen direkt zu erklären, dass ich, wenn ich in der Position dazu wäre über das System der Strafanstalten zu entscheiden, die Gefängnisse zerstören oder sie mindestens schließen würde. Ich persönlich träume von anderen Wegen der sozialen Wiedergabe der sogenannten Gerechtigkeit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie eine Position haben, die diese Entscheidungen des System der Strafanstalten unterstützt.
Allerdings habe ich sie darüber zu informieren, falls sie davon unwissend sind, dass die griechischen Gefängnisse und speziell das Amfissa-Gefängnis, in welchem ich mich gerade befinde, nur einen Schritt entfernt sind von den Nazi-Konzentrationslagern oder den ähnlichen Lagern, welche im sogenannten Ostblock existiert haben. Ein Besuch als neuer Justizminister würde ihnen zeigen, dass ich die Wahrheit sage, da bin ich mir sicher.
Um diesen Brief zu beenden, möchte ich eine letzte Frage an sie richten: Was gedenken sie zu tun mit den momentanen Zuständen in den griechischen Gefängnissen? Werden sie fortfahren die Leute wie Ratten einzusperren oder sind sie fähig, ich sage nicht menschliche, aber mehr akzeptablere Bedingungen für alle Eingesperrten zu schaffen?
Vielleicht ist es ihnen die Tatsache bewusst, dass ihre Gefolgschaft ihrer Gesetze dieses spezielle Gefängnis in Amfissa als Krematorium bezeichnen.
Nach tiefgründiger Überlegung,
Christos Stratigopoulos
griechischer Anarchist
Dies sind alte Geschichten, aus einem anderen Jahrhundert. Zwei Anarchisten werden verhaftet nach einem Bankraub. Der erste raubte es, mit der Waffe in der Hand. Sie sagen, der zweite hätte ihm geholfen das Geld zu nehmen. Es geschah in einer kleinen griechischen Ortschaft, am letzten 1. Oktober. Also? Dies sind Geschichten die passieren. Und dann ist das ein Land, welches weit weg ist, mit einer unverständlichen und unübersetzbaren Sprache. Wer soll daran interessiert sein? Der Räuber ist Christos Stratigopulos, bereits verhaftet und verurteilt wegen einer gleichartigen Anschuldigung in Italien vor 15 Jahren. Die Strafe abgesessen kehrte er nach Griechenland zurück. Erinnert von einigen, unbekannt von den meisten. Aber der andere Verhaftete ist Italiener; es ist Alfredo Bonanno. Ja, genau er; wer hat nicht seinen Namen gehört? Klein angefangen ging die Nachricht schnell um die Welt, weitergetragen von vielen Presseagenturen: „einer der wesentlichen Theoretikern des aufständischen Anarchismus“, „unter den bedeutendsten Ideologen der Anarchie“, „anarchistischer Aktivist und Autor“, „internationaler flüchtiger anarchistischer Räuber“, „Theoretiker der revolutionären Gewalt“, ist hinter Gittern gelandet. Die Befürworter des Antiterrorismus, griechische und italienische, sind vorgestürmt, fertig um die saftige Angelegenheit auszubeuten. Die Elemente, um einen ausgezeichneten Lehrsatz zusammenzubrauen sind gegeben: ein Land, in dem unentwegt Feuer flackern nach dem großartigen aufständischen Flächenbrand, welcher aufbrauste im letzten Dezember; ein griechischer Anarchist aktiv in der Bewegung; ein ausländischer Anarchist, bekannt für seine subversiven Theorien, der um die Welt reist, um Treffen abzuhalten; eine ausgeraubte Bank.
Christos hat die volle Verantwortung für den Akt übernommen, verursacht durch ökonomische Probleme, Alfredo’s Beteiligung leugnend. Aber, ohne Frage, der Richter glaubte ihm nicht. So befinden sich beide im Knast. Der Erste, weil er es gewagt hatte eine Hand gegenüber dem Wohlstand auszustrecken als sich selbst in Elend sterbend aufzugeben. Was noch wichtiger ist, er ist ein Anarchist. Der Zweite weil…weil…weil er vielleicht seinem Gefährten helfen wollte. Und, gewiss, er ist ein Anarchist. Und das reicht schon.
Dies sind alte Geschichten, aus einem anderen Jahrhundert. Zwei Anarchisten werden verhaftet nach einem Bankraub. Draußen wird Solidarität organisiert. Gelder werden gesammelt; Initiativen werden vorbereitet. Aber das ist nicht alles. In Athen bekommen die zwei Gefangenen explosive Grüße von der Gruppe Conspiracy of the Cells of Fire, welche bloß die Krönung des neuen griechischen Premiers gestört hat. In Villejuif, Frankreich, huldigte jemand seine Hommage mit dem Einwerfen der Scheiben der lokalen Büros der Sozialistischen Party. Eine der Schönheiten der Anarchie ist, dass sie keine Grenzen anerkennt. Und in Italien? Bah, hier beschränkt es sich darauf die Nachrichten zu kommunizieren, treu und kalt berichtend das journalistische Gift. Kein Kommentar. Die VerfasserInnen der täglichen virtuellen Kommunikees sagen nichts. Die Versorger der militanten Gärten verfallen in Schweigen. Die kleinen Strategen der neuen Allianzen schweigen es tot. Die Bewegung ist jetzt zu einer Gemeinschaft geworden, und jede/r der/die nicht ihre Regeln und Sprache teilt, existiert nicht. Er/ sie ist namenlos. In der Hektik den Massen zu folgen, wurden die Individuen vergessen? Möglicherweise ist es besser so. Lieber ein ehrliches Schweigen, als im Anbetracht von solch einem Akt nicht zu wissen, was zu sagen ist, als heuchlerisches Geschnatter über Solidarität. Überlasst dies den stalinistischen Belästigungen und anderen Ruinen. Oder den Faschisten des dritten Jahrtausends, welche in einem ihrer Foren des beiden inhaftierten Anarchisten ihre „Ehre“ gehuldigt haben.
Dies sind alte Geschichten, aus einem anderen Jahrhundert. Zwei Anarchisten werden verhaftet nach einem Bank Job. Der Erste ist 46 Jahre alt, der Zweite 72. Ob schuldig oder unschuldig, für sie als Anarchisten gibt es keine Ausrede des unreifen Verhalten des Extremismus. Starrsinnig wie sie sind haben sie nicht verstanden, dass jetzt die Zeit ist, um auf den Wellen der sozialen Bewegung zu reiten, um zu verteidigen, wer weiß was vor der Plätzen der Macht, um zu handeln als Sozialarbeiter für die Verdammten dieser Erde. Nein, sie haben dies nicht verstanden. Der Traum, den sie in ihren Herzen haben, ist viel zu groß, um sich dem Tick-Tock der modernen Zeit anzupassen.
Kein Pardon, kein Mitleid.
Auf Wiedersehen, schönes Lugano.
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