Solidarität mit Gefangenen der JVA Hannover

solidaritaet-jva-hannover_1Gestern, am Sonntag den 26.7.2009, um 14.30 Uhr haben sich ca. 20 Menschen vor der JVA Hannover versammelt, um ihre Solidarität mit den Gefangenen auszudrücken.

Aktueller Anlass dafür war ein Protest von etwa 60 dort Inhaftierten am vergangenen Sonntag, die sich weigerten, nach dem Hofgang wieder in ihre Zellen zurückzukehren. Auslöser des Protests war, dass ihnen die sonst übliche Aufschlusszeit am Samstag zuvor verwehrt wurde. Zwischen dem Aufschluss am Morgen und dem Einschluss um 12 Uhr mittags ist es den Gefangenen sonst möglich, sich innerhalb ihrer Abteilungen „frei“ zu bewegen. Laut Bericht der HAZ (Hannoversche Allgemeine Zeitung) vom 21.7.09 begründet die Pressesprecherin der JVA Hannover, K. Buckup, den Ausfall dieser Aufschlusszeit mit personellen Engpässen, sodass Vollzugsbeamt_innen fehlten, „um für die Sicherheit der übrigen Gefangenen […] zu sorgen.“
In der Konsequenz wurde das Handeln der Gefangenen mit einer 14tägigen Ausgangssperre sanktioniert.
Die JVA Hannover gilt schon lange als eine der unbeliebtesten Haftanstalten Niedersachsens, Personalmangel und krasse bauliche Missstände gehören zum Normalzustand.

Wie wichtig Solidarität im Kampf gegen das repressive und disziplinierende System staatlichen Strafens ist, zeigt sich direkt im Protest der Gefangenen hinter den Mauern. Den heute vor der JVA Versammelten ging es darum, diesen Protest außerhalb der Mauern zu unterstützen.
Deshalb richteten sie sich mit solidarischen Grüßen an die Inhaftierten und versuchten sich mit Musik und Trillerpfeifen hörbar zu machen. Inwieweit ihnen das gelang lässt sich aufgrund der Abschottung nach außen nicht genau einschätzen; allerdings waren winkende Personen am Fenster zu sehen.
Außerdem äußerten die vor der JVA Versammelten ihre Kritik an wegschließenden Institutionen als Option zur Lösung gesellschaftlicher Konflikte. Sie stellten diese explizite Knastkritik in den Kontext des Kampfes gegen jegliche Form von Herrschaft und Unterdrückung.

Während der 30minütigen Versammlung liesen sich weder Beamt_innen der JVA noch die Polizei blicken. Erst als die Anwesenden dabei waren zu gehen, wurde ein Teil der Gruppe von eintreffenden Polizeibeamt_innen angehalten und dazu genötigt, ihre Personalien feststellen zu lassen.

Quelle: de.indymedia.org


Ein vor der JVA vorgetragener Redebeitrag:

Hallo Gefangene der JVA Hannover!

Wir stehen heute hier vor der JVA Hannover, um euch unsere solidarischen Grüße zu senden!

Wie wir in den letzten Tagen aus der lokalen Presse erfahren haben, weigerten sich am vergangenen Sonntag viele Gefangene nach dem Hofgang in ihre Zellen zurückzukehren. In der Zeitung hieß es, die Gefangenen wollten damit gegen die Verkürzung ihrer Aufschlusszeit am Vortag protestieren. Es ermutigt uns, dass sich trotz der Kontrolle, Überwachung und Vereinzelung im Knast Gefangene untereinander solidarisieren und sich gemeinsam gegen die ihnen aufgezwungenen Lebensumstände wehren.

Wir hier draußen finden es wichtig, euch mit den Handlungsmöglichkeiten zu unterstützen, die euch drinnen genommen sind. Diese Kundgebung wendet sich gegen die Strategie von Staat & Justiz euch unhörbar und unsichtbar zu machen.
So berichtet auch die Presse nur aus Sicht der Anstaltsleitung. Uns geht es um eure Situation und die Institution Knast als Solche, was für uns bedeutet, das wir nicht über euch, sondern MIT euch Politik machen wollen. Das ist über die Mauern hinweg nicht einfach, auch uns ist es bis jetzt nicht gelungen, Kontakt zu euch aufzunehmen. Diese Kundgebung soll ein Schritt in diese Richtung sein! Wenn ihr Interesse an Kontakt zu uns habt schickt einen Brief ans UJZ in der Kornstraße 28, 30167 Hannover.

Wir solidarisieren uns mit eurem Protest gegen eure Haftbedingungen. Wir sehen dies als Ausdruck des Widerstandes gegen das repressive und disziplinierende System staatlichen Strafens, das im Wegsperren von Menschen gipfelt.

Wir halten euch nicht für die gefährlichen Kriminellen, wie euer Eingeschlossen sein an diesem Ort wohl suggerieren soll. Für uns macht das rechtsstaatliche Konstrukt von Kriminalität keinen Sinn. Es bezieht sich auf ein ethisch normatives Wertesystem, das sich auf die Gleichheit aller Menschen beruft, die vor dem Hintergrund komplexer Machtverhältnisse und Herrschaftsbeziehungen niemals einzulösen ist. Für uns ist das staatlich organisierte Einsperren von Menschen niemals legitim.
Wir suchen auch nicht nach Alternativen zur Institution Gefängnis. Für uns ist Gefängnis als solches indiskutabel. Wir sehen uns im Kampf gegen gesellschaftliche Verhältnisse, die Überwachen und Einschließen als Möglichkeiten im Umgang mit vermeintlichem Fehlverhalten erscheinen lassen.
Unsere Forderung nach Freiheit für alle Gefangenen impliziert diese grundsätzliche Kritik. Wir stellen diese Forderung vor dem Hintergrund des Kampfes gegen jegliche Form von Herrschaft und Unterdrückung.
Und weil Repression immer da greift, wo Menschen vereinzelt werden und wo Protest und Widerstand keine Unterstützung finden ist Solidarität unverzichtbar.

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