Thomas Meyer-Falk: Kontroverse um Christian Klars Freilassung?
Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte entschieden nach 26 Jahren Freiheitsentzug, das ehemalige Mitglied der RAF, Christian Klar zum 03.01.2009 auf Bewährung aus dem Strafvollzug zu entlassen.
Die meisten Jahre seiner Haftzeit verbrachte Klar hier in der JVA Bruchsal. In der Öffentlichkeit wurde über die Entscheidung des OLG Stuttgart heftig diskutiert, kaum ein Blatt oder Sender der nicht die Stimme des “Volkes” (Einsperren für immer…) zu Wort kommen ließ.
Jedenfalls meinte nun auch der 1. Sprecher der Gefangenenvertretung, Herr Peter L. sich im Lokalblatt von Bruchsal (Bruchsaler Rundschau/ Badische Neueste Nachrichten) mit einem Leserbrief zu Wort melden zu müssen. Bei der Gefangenenvertretung handelt es sich um das von den Inhaftierten der JVA Bruchsal gewählte Gremium gemäß § 160 Strafvollzugsgesetz. Diesem soll es ermöglicht werden, an der “Verantwortung für Angelegenheiten von gemeinsamen Interesse teilzunehmen”, wie es im Gesetz heißt. Sich also um Probleme des Speiseplans, der Einkaufsliste und ähnliche Dinge kümmern. Manche sprechen von einer Alibieinrichtung, denn mit rechtlich einklagbaren Rechten wie bspw. die Personalvertretung, ist die GV nicht ausgestattet.
In der Ausgabe vom 06.12.08 wurde ein Leserbrief des besagten 1. Sprechers abgedruckt. Nach der freundlichen Einleitung, wonach man die Freilassung des Herrn Klar durchaus begrüße, folgt eine Generalabrechnung mit dem angeblich wenig sozialen Verhalten des Herrn Klar während der Haft. So bemängelt Herr L., daß sich Christian Klar nicht um weniger intelligente oder sozial Schwächere unter den Gefangenen gekümmert habe. Vielmehr erfahre er eine Priviligierung, da er nach ein bisschen Tisch-Tennis spielen vor Jahren und einigen Jahren Erfüllen der Arbeitspflicht, nun ohne langjähriges abgestuftes Lockerungsprogramm entlassen werde, wo es doch Mitgefangene gebe die viel weniger schlimme Dinge angestellt hätten als Herr Klar und immer noch, mitunter auch viel länger als die 26 Jahre des Christian Klar, inhaftiert seien.
Ob der (ebenfalls zu lebenslanger Haft verurteilte) Herr L. sich selbst damit gemeint haben könnte sei dahin gestellt, jedenfalls haben sich mir gegenüber mehrere Mitglieder der GV dahingehend geäußert, der Leserbrief sei so nicht mit ihnen abgesprochen worden und werde auch nicht von ihnen gebilligt.
Die Lokalzeitung freilich nahm den Leserbrief zum Anlass, in der selben Ausgabe auf der “Politik”-Seite einen längeren Artikel zu veröffentlichen, in welchem der Leserbrief referiert wird unter der Überschrift: Gefangene kritisieren Klars Freilassung.
Die Stuttgarter Nachrichten übernahmen eine Kurzmeldung, selbst bis in die Bild-Zeitung soll es Peter L. damit geschafft haben.
Der Leserbrief hat so einen “Geruch”, daß hier jemand seine persönliche Animosität gegen einen Mitgefangenen ausagierte; denn der Kern seines Leserbriefes zielt durchaus in eine richtige Richtung. L. moniert, daß die Bundesjustizminitserin Zypries habe verlauten lassen, Herr Klar sei wie jeder andere Häftling behandelt worden. Was so selbsverständlich nicht stimmt, schon angefangen bei den jahrelangen Sonderhaftbedingungen! Oder der Verfolgungseifer des bad.-württem. Justizminister Professor Dr. Goll, was die Verweigerung von Vollzugslockerungen betrifft.
Zutreffend ist, daß Langstrafer so gut wie nie ohne vorherigen umfangreiches und langjähriges Lockerungsprogramm in Freiheit entlassen werden; in diesem Punkt wurde Herr Klar tatsächlich nicht wie jeder andere Gefangene behandelt (hierüber empörte sich Herr L. ganz besonders). Aber das ist doch schön für Herrn Klar – und alle anderen Gefangenen! Können letztere doch nun auf den (laut Bundesjustizministerin) “Normalfall” Christian Klar Bezug nehmen und eine Gleichbehandlung einfordern!
Die angesprochenen Artikel:
wap.bild.de
www.sueddeutsche.de
www.spiegel.de
www.newstin.de
Thomas Meyer-Falk
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