Thomas Meyer-Falk: Strafgefangene – sind sie Hunde?
Die Sprache hinter Gittern ist nicht immer besonders fein, meist ist sie, nun ja, recht bilderreich, hart, unverblümt. Um so „dankbarer“ könnte man sein, wenn Beamte einer Justizvollzugsanstalt es subtil, also zart und feinsinnig angehen. Und so soll heute von Vollzugsbeamten der JVA Bruchsal die Rede sein.
Das Vorspiel
Schon vor Jahren verordnete das Justizministerium Baden-Württemberg seinen Knastbeamten ein „Leitbild Justizvollzug“; dort heißt es dann unter den auf den Umgang mit den Gefangenen bezogenen „Zielen“:
„Wir (…) behandeln sie menschlich und gerecht“.
An einem Samstag im Juni 2011 befand sich der Gefangene S. im Gefängnishof; er erhält eine spezielle Anstaltskost, leidet er doch an einer Milchzuckerunverträglichkeit. Isst er etwas „falsches“, kann dies zu Magen-Darmproblemen, wie z.B. akutem Durchfall führen. S. spürte an jenem Tag einen unmittelbaren Drang, sofort ein WC aufsuchen zu müssen, nur befindet sich kein solches im Gefängnishof. Er bat folglich einen der im Hof anwesenden Beamten, ihn ins Hafthaus zu lassen, damit er dort das WC in seiner Zelle aufsuchen könne. Nachdem ihm dies verweigert wurde, sah er sich gezwungen, in einem Eck des Hofes seine Notdurft zu verrichten, da er sich andernfalls hätte in die Hose machen müssen.
Beamte brachten ihm einen Eimer, damit er seine Hinterlassenschaft entfernen konnte. Als wäre dies alles nicht schon unangenehm genug gewesen, gab es am darauffolgenden Sonntag eine Fortsetzung.
Das Nachspiel
Wer gegen 9.00 Uhr in den Gefängnishof ging (zur „Freistunde“, also dem Spaziergang im Knasthof), fand in dem dort aufgestellten Zeitungskasten eine Hundekot-Tüte befestigt. Nur die Beamten der Haftanstalt verfügen über einen Schlüssel zu diesem Kasten, weshalb auch Beamte diese Tüte dort mit einem Magneten an der Zeitungswand befestigt haben müssen.
Die Reaktionen der Inhaftierten fielen unterschiedlich aus; es gab jene, die es „lustig“ fanden, aber die Mehrzahl fand es eine „gemeine“, menschlich unangemessene Reaktion. Herr U. sagte, dass dies „doch eine Beleidigung“ sei und man „die“ – er meinte die Beamten – anzeigen müsse. Eine andere Stimme, Herr Y., frug sich, wie wohl die „Muslime reagieren“ würden, die besonders sensibel auf Vergleiche mit den als unrein geltenden Hunden reagieren.
Fortsetzung des Nachspiels
Ein Gefangener sprach schließlich einen der uniformierten Beamten, landläufig auch als Wärter bezeichnet, an. Dieser Beamte vertrat nach Angaben des Gefangenen die Auffassung, es handele sich um einen Scherz und im übrigen habe sich er – der Häftling – nicht aufzuregen, da ihn die Hundekot-Tüte nicht beträfe und auch nichts anginge.
Schlusswort
Lassen wir das Justizministerium Baden-Württemberg sprechen. Im Kapitel „Unsere Grundlagen“ des schon zitierten „Leitbild Justizvollzug“ steht zu lesen: „Unser Handeln wird bestimmt durch die Menschenrechte und die Achtung der Menschenwürde aller.“
Thomas Meyer-Falk
c/o JVA – Z. 3113
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