Zu wenige Kriminelle: Schweden schließt Gefängnisse
übernommen von political-prisoners.net
Schweden hat ein in der kapitalistischen Welt ungewöhnliches Problem: Dem skandinavischen Land gehen die Kriminellen und damit die Gefangenen aus. Wie der britische »Guardian« am Montag berichtete, schließen die schwedischen Behörden nun vier Gefängnisse, weil die Zahl der Verurteilungen zu Haftstrafen in den vergangenen zwei Jahren so stark gesunken ist, dass in den Haftanstalten zu viele Zellen leer stehen.
»Wir haben einen außerordentlichen Rückgang der Zahl von Insassen erlebt«, erläuterte der Chef der schwedischen Gefängnisbehörde, Nils Öberg, dem britischen Blatt. »Nun haben wir die Gelegenheit, einen Teil unserer Infrastruktur, die wir zur Zeit nicht benötigen, zu schließen.«
Seit 2004 sank die Zahl der Gefängnisinsassen jährlich um durchschnittlich ein Prozent, 2011 und 2012 stieg der Rückgang auf sechs Prozent an. Diese Zahl wird auch für das laufende und das kommende Jahr erwartet. Deshalb wurden nun die Haftanstalten in Åby, Håja, Båtshagen und Kristianstad dichtgemacht. Zwei sollen wohl verkauft werden, zwei werden anderen Behörden zur zeitweiligen Nutzung überlassen.
Niemand könne sicher sagen, warum die Zahl der Haftstrafen in Schweden so stark zurückgegangen sei, so Öberg. Er hoffe aber, dass Schwedens liberales Haftsystem mit seinem starken Fokus auf Prävention und Wiedereingliederung dabei eine Rolle gespielt habe: »Wir hoffen wirklich, dass die Anstrengungen, wie wir in Rehabilitation und Verbrechensprävention unternehmen, eine Wirkung gehabt hat, aber wir glauben nicht, dass das allein den ganzen Rückgang um sechs Prozent erklären kann.«
Eine weitere Ursache dürften mildere Urteile wegen Drogenvergehen sein, nachdem der Oberste Gerichtshof 2011 entsprechende Anordnungen erlassen habe. So hätten im vergangenen März 200 weniger Menschen wegen Drogendelikten im Gefängnis gesessen als im Jahr zuvor.
Die kolumbianische Wochenzeitung »Semana« kommentierte die Vorgänge in Schweden am heutigen Dienstag neidisch: »Während in Kolumbien die Überbelegung der Gefängnisse immer schlimmer wird, sind die Verbrechen in Schweden so sehr zurückgegangen, dass die Schließung von vier Gefängnissen aus Mangel an Insassen notwendig geworden ist.«