Zum Hungerstreik von anarchistischen Gefangenen in Chile

Chile: Die 14. August-Gefangenen beginnen HungerstreikSeit dem 21. Februar befinden sich anarchistische Gefangene in Chile im Hungerstreik, seit nunmehr 64 Tagen (heute am 26. März). Hier zwei Erklärungen der Gefangenen, weitere Übersetzungen und aktuelle Infos gibt es in den nächsten Tagen.

Erklärung der GefährtInnen, die sich im Hungerstreik befinden:
Überlegungen über den Streik und zur Verlegung

Nach mehr als 50 Tagen im Hungerstreik, sehen wir die Notwendigkeit uns über die Entwicklung bestimmter Aspekte während dieser Mobilisierung im Klaren zu werden.

Die enorme Reichweite unserer politischen Ansichten als RevolutionärInnen und die Kämpfe in denen wir uns befinden, in Ergänzung zu der Zurschaustellung einer absurden und ersponnenen Art beschuldigt zu werden eine terroristischen Verschwörung zu sein, wandelt sich in Schwierigkeit und Unfähigkeit unsererseits vollständige Reflektionen und politische Analysen auszuarbeiten. Die politische Ungenauigkeit einiger unserer gemeinsamen Erklärungen und die schwierige Zeit, die wir hatten uns selbst genau darzulegen, spiegelt die Vielfalt der Sichtweisen untereinander wieder, und zeigt die wahnhaften Anklagen gegen uns deutlich auf.

Selbst mit diesen Unterschiedlichkeiten wurden wir gewaltsam einem notwendigen politischen / legalen / Polizei / Medien / – Prozess unterworfen, den, wie wir oft wiederholt hatten, einige von uns erst kürzlich in der Rolle des Angeklagten kennen lernen „durften“. So befinden sich unsere „kollektiven Ansätze“ in der einzig wirklichen Sache die uns zusammen bringt und vereint: Der legale Prozess der sich gleichermaßen gegen uns aufwiegt.

Jetzt wissen wir, dass sich die Erklärungen und die gleiche Mobilisierung, die wir seit dem 21. Februar austragen, prinzipiell um die legalen Themen und spezifischen Ereignisse drehen und zentriert sind, die jeden/jede betreffen, die den „Bomben-Fall“ verkörpern. Die politische Definition, Analysen, Positionen, Reflektionen und Projekte werden nicht geteilt, gehören aber zu jeder Person, die darauf wert legt sie auszudrücken. Heute vereinigen wir uns im Verlangen danach wieder auf den Straßen gehen zu können.

Am Donnerstag, den 7. April fand eine Anhörung statt dessen Resultat es war, dass wir aus dem Maximumsicherheitstrakt ins Hochsicherheitsgefängnis transferiert wurden. Wir verurteilen die brutale Herrschaft der Isolation, der Trennung und der Bestrafung, der wir für die letzten acht Monate ausgeliefert waren, jeder Gefangene, jede Gefangene der/die solche Bedingungen der extremen Isolation überlebt sollte unterstützt werden.

Die verwirrenden Argumente der Anwälte der Wärter geben keine schlüssige Antwort darauf warum wir ins C.A.S. gesteckt wurden. Schlussendlich akzeptierte der Richter unseren Transfer, der am 12. April in Kraft getreten war und wir nun in verschiedenen Trakten des Gefängnisses gehalten werden:

H Nord: Carlos Riveros befindet sich auf der selben Etage wie Vinicio Aguilero (in der dritten)

H Süd: Rodolfo Retmales und Omar Hermosilla sind beide in der dritten Etage, während Pablo Morales auf der zweiten Etage einsitzt

Modul J: Felipe Guerra und Francisco Solar sitzen in der dritten Etage

Camilo Perez: Immer noch im Maximum Sicherheitstrakt, hat sich noch keiner leibliche Visite unterzogen. Die Wärter beginnen mit einer Anhörung, wo entschieden wird, wohin er verlegt wird.

Nachdem heute zwei unserer Forderungen erfüllt wurden – das Ende der Ermittlungen und unsere Verlegung aus dem Maximumsicherheitsknast – setzen wir weiterhin mit einem unbestimmten Hungerstreik fort, in Aufrechterhaltung unserer Forderung für unsere Freilassung, dass die vorsorglichen Maßnahmen geändert werden, dass das Anti-Terror- Gesetz mit seinen geheimen Zeugen nicht länger auf unseren Fall angewendet wird, für die Abschaffung dieses Gesetzes, für die Abschaffung der staatsrechtlichen Beschränkungen auf Anklagen, die das Label „terroristisch“ tragen und dass unsere Schwestern im Gefängnis auf der zweiten Etage des S.E.A.S. bleiben.

Die Mobilisierung auf der Straße, die unseren Hungerstreik begleitete, erlebte einen Anstieg an politischer Gewalt, am 6. April lancierten die repressiven Einheiten in eine besonders brutale Jagd, sie griffen die Kundgebung aus dem Hinterhalt an, verprügelten und verhafteten eine Gruppe von GefährtInnen, die ihre Solidarität zum Ausdruck brachten, um dann später mit der Repression gegen jene fortzufahren, die sich vor der Polizeistation einfanden, weil sie sich über die Situation der vorher Verhafteten erkundigen wollten.

Selbst dann, die Mittwoch-Demos als auch die anderen verschiedensten Solidaritätsbekundungen gehen weiter, unnachgiebig und beharrlich…

Auch grüßen wir die BlockiererInnen der Straße in Ñuñoa, all jene die unsere Verurteilung mit Feuer ergreifen.

Wir schicken beste Grüße an all die von überall, denen unsere Einkerkerung
und unsere Mobilmachung, die wir für unsere sofortige Freilassung durchführen,
nicht gleichgültig ist.

Für ein Ende des Antiterror-Gesetzes;
kreiert in der Diktatur, perfektioniert in der Demokratie!

Die höllischen Bestrafungen mit denen sie uns drohen bestätigen,
dass sie versuchen werden ein Exempel an all denen zu statuieren,
die die vorherrschende Ordnung in Frage stellen.

Die hungerstreikenden Gefangenen des „Caso Bombas“ aus C.A.S., April 2011


Neues Kommuniqué der Compañer@s im Hungerstreik

Hungerstreik gegen das Anti-Terror-Gesetz:
Hintergrund, Ziele und Bedürfnisse

Die Platzierung von rund 130 explosiven Vorrichtungen an öffentlichen und privaten Instanzen im Zeitraum von 2005 bis heute hat 4 Staatsanwaltschaften auf den Plan gerufen, die sich einzig und allein der Aufklärung dieser widmeten; sie reichten die Ermittlungen an die Einheiten des Geheimdienstes der Carabineros und der Ermittlungsbehörden (BIPE y DIPOLCAR) weiter, welche mindestens 8 Untersuchungsausschüsse bildeten und sich auf die möglichen Urheber der Anschläge beziehen, namentlich: GAP-BLP, ex-Subversive, CRA, Organisierte der Villa Francia, besetzte soziale Zentren, öffentliche Bibliotheken, Antikapitalistische Brigade und die Mapuche; sie gaben bis zu 10 Millionen Pesos für Mittel aus um einigen hundert Verdächtigen zu folgen und sie auszuspionieren, wobei sie nicht bei einem/einer, selbst zufällig, ein Verbrechen nachweisen konnten, so dass dieses Prozedere bis August 2010 ohne Verhaftungen stattfand. Dieses Szenario führte dazu, dass sich die Akteure und Agenten des angeblichen „Rechtsstaates“ im Geheimen innerhalb ihrer Klasse absprechen mussten, mit dem Ziel ihre repressive Strategie umzugestalten um Gebrauch von den Praktiken des Staatsterrorismus zu machen, die aus der Militär-Diktatur übernommen wurden; ebenso die Planung einer kontrollierten medialen Show, welche die angeblichen Verdächtigen und vermuteten Schuldigen in Licht stellt. Nur kurz bevor der große Knall kam rekrutierten sie einen ambitionierten Staatsanwalt, dem es an Ethik mangelte, anders als die vorigen Ermittler, die sich nicht von einflussreichen FunktionärInnen oder ProduzentInnen der Sensationsmedien beeinflussen ließen.

Auf diesem Wege, durch die Einstellung eines schwindelnden Künstlers, ging die Regierung einen Schritt weiter um ihr Ziel zu erreichen, verkörpernd durch die Person Hinzpeter, Innenminister, der im Juni 2010 den Bundesanwalt, Sabas Chahuan ersuchte und ihn darauf hinwies „ wir brauchen konkrete Resultate in den Ermittlungen,“ wobei die Antwort lautete „ es ist notwendig den Ermittlungen eine neue Herangehensweise zu verschaffen “ (13. Juni 2010). Dadurch – und als direktes Resultat dieses Druckes, was uns diesen beispiellosen Weg der angeblichen Unabhängigkeit der verschiedenen Zweige der Regierung in Frage stellen lässt – wurde der Staatsanwalt Armendariz entlassen und der Chef-Staatsanwalt des Süd-Bezirks, Alejandro Peña, erschien in der Szenerie, welcher Berichte von häuslicher Gewalt und anti-gewerkschaftlichen Praktiken im Schlepptau hatte. Jetzt agiert er unter der Schirmherrschaft des Innenministers. Sein erster Schritt war es, die Rechtsprechung aus dem 8. Gericht von Santiago zum 11. Gericht von San Miguel zu transferieren, zum letzten wahren Bollwerk der Staatsanwaltschaft, wo man instruiert wird den Ungereimtheiten der Beweislage das blinde Auge zu zuwenden; der nächste Schritt war es zu den Zeitungen “El Mercurio” und “La Tercera” Informationen durchsickern zu lassen, damit sie das Profil der angeblichen Bombenlegern fabrizieren konnten, die staatsfeindliche Geschichte ihrer führenden Köpfe, ihr Bewohnen von besetzen Häusern, ihre Hingabe zur anarchistischen Ideologie, ihre schwarze Kleidung und ihre Mobilität durch Fahrräder, und andere Absurditäten. Infolge dieses Komplotts, nach 58 Tagen im Amt, entfesselte Peña und seine Abhängerschaft eine heftige repressive Attacke am frühen Morgen des 14. Augusts namens „Operation Salamander“. 14 Personen wurden verhaftet, wobei 4 derer schon einmal verhaftet und von Staatsanwalt Armendariz verhört aber wieder freigelassen wurden. Am 23. August gratulierte die Regierung, ausführend durch Minister Hinzpeter, Peña; das selbe tat Präsident Piñera ein paar Tage zuvor um „eine Hand wäscht die andere“ zu signalisieren und dass „die Regierung diesen Leuten nichts weiter erlauben wird“. Dies legt die geheime Absprache zwischen der südlichen Staatsanwaltschaft und der Regierung offen. Mit diesem prominenten Posten innerhalb des Innenministeriums, welcher es ihm (Peña) und der Regierung möglich macht die repressiven Handlungen fort zu führen und zu improvisieren wird Peñas Aufgabe (unter anderen) darin bestehen, alle sozialen Widerstands-Bewegungen inklusive der Streiks, Blockaden, Demonstrationen und andere diverse Konflikte zu kontrollieren und zu demontieren, durch das es möglich ist Peña als „Richter und Geschworenen“ zu bekräftigen.

Heute, nach über 8 Monaten als Geiseln des Staates, befinden wir uns seit dem 21. Februar in einem unbestimmten flüssigen Hungerstreik, welcher auf zwei prinzipiellen Forderungen basiert: sofortige Freilassung aller Beschuldigten des so genannten „Caso Bombas“ und die Abschaffung des Anti-Terror-Gesetzes. Bis jetzt erfuhren wir wohlwollende und selbstbewusste Unterstützung durch diverse Solidaritätsbekundungen, von Individuen als auch Organisationen, durch Demonstrationen, Zusammenkünfte, Diskussionen, diverse Aktivitäten, und viele Schritte nach vorn, alles konkrete Ausdrücke von Solidarität und der Notwendigkeit von gegenseitiger Hilfe zwischen den Ausgebeuteten und Marginalisierten, Unterstützung ohne die diese Mobilmachung kein Gefühl hätte.

Unsere vollständige und totale Verweigerung des Anti-Terror-Gesetzes und all die Verstrickungen und Konsequenzen, die das mit sich führt, manifestiert sich auch in der spezifischen Abänderung in einige der übelsten und repressivsten Aspekte, wie die „beschützten Zeugen“ und der Bedarf einer einstimmigen Wahlabgabe um eine Freilassung vor dem Berufungsgericht stattzugeben, wie es sich in der politischen Verfassung in Artikel 7, Kapitel 19 artikuliert.

Deswegen rufen wir euch dazu auf, Stellung in Bezug auf die dringende Notwendigkeit, dass der Innenminister die Anti-Terror-Anklagen in diesem Fall zurückzieht, zu beziehen, angesichts der spektakulären Deals und Absprachen die erst kürzlich die korrupte Einberufung des Staatsanwalts Peña auf direktem Wege in das Büro des Ministeriums, um Verantwortung über die Kontrolle von sozialen Konflikten zu nehmen, offen legte. Als Konsequenz werden sie mit seinem unethischen und fragwürdigen Management belohnt. So wird der Komplott der „Caso Bombas“-Farce klar und offensichtlich.

Wir glauben, dass es notwendig ist die üblen Unzulänglichkeiten und Unregelmäßigkeiten des Gerichtsprozesses, den wir unterworfen sind, offenzulegen, all dies ist unter dem „Interamerican Court of Human Rights“ (CIDH) dargelegt. Auf diesem Weg zielen wir auf legitime Zweifel und Befragungen, welche auf der Basis eines unparteiischen Prozesses, der ein faires Gerichtsverfahren garantieren soll, durchgeführt werden.

Auch glauben wir dass Bedarf besteht notwendige Bemühungen in die Hand zu nehmen und in Richtung eines konkreten Forums zu arbeiten, dass uns erlaubt unsere Forderungen zu präsentieren die somit von allen Parteien debattiert werden können um die spezifischem Charakteristiken dieses Strafprozesses zu gewährleisten, so dass jeder/jede der/die sich einbringen kann, eingeladen sind genau dies zu tun.

Schlussendlich fordern wir ein Ende der fortwährenden Schikane der Gendarmerie gegen die Beschuldigten des so genannten „Caso Bombas“, veranschaulicht durch den Mangel an Kommunikation den sie versuchen uns aufzuerlegen, indem sie uns in verschiedene Etagen eines Moduls des CAS stecken.
Jetzt, um es auf den Punkt zu bringen, ist jede Art von Solidarität willkommen.

Wir kündigen an, dass falls unsere Berufung nicht erhört wird, wir unsere Mobilmachung mit Beginn des 27. Aprils radikalisieren und intensivieren werden, zur Hilfenahme aller Maßnahmen die wir für notwendig halten.

Es existiert kein Terrorismus in Chile!!

Für ein Ende des Anti-Terror-Gesetzes!!

Bis das abgekartete Spiel von Gericht und Politik der Erschöpfung erliegt!!

Freiheit für die Gefangenen!!

Andrea Urzúa
Mónica Caballero
Rodolfo Retamales
Felipe Guerra
Camilo Perez
Carlos Riveros
Omar Hermosilla
Vinicio Aguilera
Francisco Solar
Pablo Morales

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