Zwei Briefe von Thomas
Thomas befindet sich bereits über sechs Wochen hinter den grauen Mauern des Knastes in Berlin-Moabit. Festgenommen wurde er in den Morgenstunden des 10. September, unter dem Vorwurf der versuchten Brandstiftung an einem PKW. Die Soligruppe hat zwei Briefe von Thomas veröffentlicht, die wir hiermit weiter verbreiten und zur Solidarität und Unterstützung aufrufen.
Schreibt ihm Briefe und Karten:
Buchladen Schwarze Risse
Gneisenaustr. 2a
10961 Berlin
Mit einem Vermerk: für Thomas
Kontakt zur Soligruppe: www.freiheitfuerthomas.blogsport.de
Brief vom 02.10.2010:
Hallo an alle die da draußen hinter den Mauern, die mich unterstützen, oder das noch vorhaben!
Nachdem ich dem Haftrichter vorgeführt wurde kam ich von Freitag (10.09.) bis Montag (13.09.) in den Zugang einer 2er Zelle.
Montag ging es dann auf Station, wo ich meine eigenen Sachen erhielt und zum Arzt usw. musste. Seit dem hatte ich eine Begegnungszelle, das heißt so ca. 2 mal 8 qm mit so einem Torbogen in der Mitte. Die Wände haben ein tolles gelb (war bestimmt mal weiß), ein Klo auf jeder Seite, ein Bett, ein Schrank, ein Waschbecken, ein Tisch, ein Radio und ein TV.Der Tag fängt um 6 Uhr an mit Müll, dann Frühstücken, zwischen 8 Uhr und 11 Uhr ist eine Stunde Hofgang also jede Woche anders, um 11:30 Uhr ist dann Mittag und 2 Stunden Aufschluss, wo man duschen oder mit anderen auf der Station labern kann. Dann um 13:30 Uhr geht die Tür wieder zu und um 14:30 Uhr gibt es dann Abendbrot. Dann ist der Tag auch schon wieder vorbei, also man guckt TV, liest, schreibt Briefe, macht sich ´n Brot und was einem sonst noch so einfällt. So ist der Tagesablauf im Fünf-Sterne-Hotel hinter der dicken Mauer. Ärztliche Versorgung ist in der JVA Moabit sehr mau, man wartet 1-2 Wochen teilweise, es sei denn man ist am Sterben.
Zu meinem Zustand, ich sage mal so sehr schwankend und ich wäre lieber draußen als hier. Aber hoffe das ist bald wieder so und ich kann wieder mit euch da draußen chillen.
Ich möchte mich noch ganz Doll bedanken bei euch da draußen, was ihr alles für mich macht, macht weiter so. Dann wollt ich mich noch für die vielen Postkarten und Texte bedanken, die ihr mir geschickt habt. Es ist immer sehr aufbauend was von euch zu hören bzw. zu lesen. Macht weiter so, ihr seid die besten Freunde, Bekannten und die, die ich nicht kenne auf dieser Welt.
Nun wollt ich noch sagen, was ihr aber wahrscheinlich schon wisst, es gibt eine Soli-Page für mich. Da bedanke ich mich auch bei den Machern und allen die da Mitwirken. Genauso bei den Leuten, die Spenden für Verfahrenskosten. Ich denke allen ist klar, dass so was nicht das günstigste ist. Da ist man über jeden Cent froh. So ich hoffe ich habe nichts vergessen. Also Leute: Macht weiter so und glaubt nicht alles aus den Medien, aber das macht ihr denke ich mal ja sowieso nicht.
Brief vom 19.10.2010:
Hi ihr da draußen,
Erst mal ein kleiner Text wie es mir geht und was sich verändert hat.Also ich durfte bzw. musste vor ca. 1ner Woche umziehen oder wie man hier sagt Zwangsverlegung. Ich war leider so dumm die Notgemeinschaft aufzuheben, sprich ich musste einen Text schreiben, dass ich mich nicht umbringe usw. Der Grund für das Ganze war mein Zellengenosse mit dem ich einige Probleme hatte, bezüglich der Nachtruhe und allgemeiner Hygiene. Wenn ein Klo eine Spüle hat, sollte diese auch genutzt werden oder? Deshalb habe ich einen Antrag auf Einzelhaft gestellt und gedacht ich bleibe auf Station, aber falsch gedacht.
Den einen Morgen hieß es Sachen packen, ich mich natürlich gefreut aber denkste. Nach dem ich gepackt hatte kam die Justizfrau wieder mit ´nem Wagen, da wusste ich scheiße andere Station. Naja und nun bin ich von der „Terminversäumerstation“ auf die U-Haft Station. Der Unterschied ist, statt 10 – 15 Leute sind es nun 30 – 40. Der Hof beim Hofgang ist 4mal kleiner und die Leute sind halt nen Tacken krasser. Telefonieren darf ich nur alle 14 Tage und naja der Rest ist relativ gleich geblieben.
Naja ansonsten geht es mir nach 40 Tagen so wie es einem nach 40 Tagen ohne Freiheit, ohne Freunde, ohne Familie und ohne alles andere so geht (nicht so dolle). Das einzige motivierende sind die Besuche, eure Karten, Briefe und das Telefonieren natürlich, aber bei einem Anruf ist das auch nicht so der Burner. Aber besser als die Menschen, die man liebt gar nicht zu hören. Ansonsten kam ich am Anfang nicht klar auf der Station. Inzwischen (nach ein bisschen Stress) geht es aber einigermaßen.Die Zelle ist genauso wie vorher, also weiterhin Gelbsucht und Gitterparty. Achso, eine Baustelle habe ich vor meinem Fenster noch zu bieten, also der Wecker ist auf 6 Uhr gestellt. Jo sonst ist es hier langweilig wie immer, essen so lala und die Leute krank.
Habe jetzt einen Antrag auf Arbeit gestellt (Pfui) (Koch-Hausarbeiter) und nebenbei auf Sport und einem Englisch-Sprachkurs. Hoffe aber die brauche ich nicht mehr und komme nächste Woche erst mal raus. Ja und das wars auch eigentlich was sich verändert hat. Ansonsten nochmal danke für eure Post, die mich immer wieder erreicht, ist wenigstens etwas im tristen Knastleben. Danke auch für alles was ihr da draußen macht, also Orga, Saufen auf Solipartys (könnt ihr ja ganz gut) und natürlich alles andere.
Na gut das war es erst einmal von mir, ich hoffe wir sehen uns bald wieder. Haut rein. Ich vermisse euch.
Euer Thomas