Eigentlich wollten wir heute zum Gedenktag vom Tod von Maria vor dem Tatort versammeln. Durch die Corona-Seuche in Kombination mit Ausgangssperre und das Verbot von Versammlungen haben wir uns dagegen entschieden uns persönlich zu versammeln. Aber wenigstens unseren Redebeitrag wollen wir hier posten.
Am 24.Januar diesen Jahres drangen vier Bewaffnete Männer in eine Wohnung in der Grünberger Straße in Berlin Friedrichshain ein. Sie brachen die Tür zu einem in der Wohnung befindlichen Zimmer auf. Hinter dieser Tür erwarteten dir Männer Maria B.. Maria befand sich mit einem Messer am anderen Ende des Zimmers. Aus 6 Metern Entfernung schossen die Polizisten der jungen Frau in die Brust. Diese starb an den Folgen der Attacke.
Es folgte eine Tirade der Täter, die ungefähr so ablief: Die Täter haben erzählt, was sie alles richtig gemacht hätten. Und dass alles andere, außer ihrem eigenen Verhalten, falsch gewesen wäre. Sie hätten ruhig auf Maria eingeredet, gleichzeitig war die Situation aber unübersichtlich. Sie hätten sich bedroht gefühlt, dennoch haben sie aber die Tür aufgebrochen und kamen nicht auf die Idee, das Zimmer wieder zu verlassen.
Es gibt sehr viele Berufsgruppen, die regelmäßig mit Messern konfrontiert sind: Sozialarbeiter*innen, Pfleger*innen, Türsteher*innen u.v.m. Sie haben nicht die Möglichkeit (und höchstwahrscheinlich auch nicht den Willen) ihr Gegenüber zu erschießen. Sie haben in der Regel auch keine Schuss- und Schnittschutzweste an.
Und trotzdem, oder gerade deswegen, sind sie in der Lage, solche Situationen zu regeln, ohne dass Menschen dabei sterben müssen. Genauso gibt es in Berlin den Sozial Psychologischen Dienst, der unter anderem dafür da ist mit Menschen in Krisen zu sprechen und Situationen zu entschärfen.
Und selbst der Polizei stehen eigentlich Psycholog*innen zur Verfügung, die mit dazu gerufen werden können.
Weil ihr Ego es ihnen wohl verbietet, Hilfe „von Außen“ zu holen oder weil sie so von sich selbst und dem Recht ihrer Tat überzeugt sind, dass sie dafür sogar über Leichen gehen entschieden sich die Bullen zu bleiben und Maria umzubringen. Auch hier lässt sich wieder ein typisch männliches Verhalten raus lesen: bloß keine Hilfe holen, alles alleine machen, egal wie schlimm die Folgen sind.
Vier ausgebildete „Professionelle“ und eine angeblich „psychisch Kranke“ (dieses Stigma hatte Maria bei den Bullen schon vor dem Einsatz). Trotzdem haben die vielen Jahre Ausbildung der vier Bullen nicht dafür gereicht, dass alle Menschen diesen Raum lebend wieder verlassen.
Die folgenden Tage wurde lamentiert, wie verängstigt die Bullen gewesen seien und wie hektisch alles war. Die Bullenpräsidentin stellte sich vor die Medien und nahm ihre Truppe in Schutz:
Sie hätten alles richtig gemacht. Keinerlei Fehlverhalten. Es sei ja auch eine schreckliche Belastung für die Täter morden zu müssen! – Eine Umkehrung der Opferrolle und eine totale Verkennung der eigentlichen Tatsache, nämlich der eines Mordes. Dieser Mord soll auch noch herunter gespielt werden, in dem die Täter immer wieder erwähnen, das Maria „psychisch krank“ war. Alles nur, um ihr mörderisches Handeln zu legitimieren oder zu verschleiern. Dadurch entstand, wie so häufig in Fällen, in denen Bullen zu Mördern werden, eine Verlagerung des Fokus‘. Nebenbei wurde noch erwähnt, das der Fall von der Generalstaatsanwaltschaft geprüft werden solle, was dabei rauskommen sollte ist nicht sehr verwunderlich – aber dazu später mehr!
Ein sehr wichtiger Bestandteil in dieser Art über Menschen reden zu können sind die vielen Journalistinnen, die immer und immer wieder die Pressemitteilungen der Bullen, gewissenlos übernehmen. Sich ihrem journalistischen Ethos längst entledigt, fügen sie nur noch via Copy/Paste ein und setzen ihr Kürzel drunter. Kritische Berichterstattung, besonders wenn es in Richtung Bullengewalt geht, ist hier leider sehr rar gesät. Deshalb möchten wir unsere Stimme heute auch an alle Journalist*innen richten, sich dies zu Herzen zu nehmen und unsere Gefühle auch an ihre Kolleg*innen weiterzutragen.
Der Aufschrei sollte riesig sein.
Auch uns viel es zu Beginn schwer, realisieren zu können was passiert war. Aber die Wut, Betroffenheit, die Trauer und dem Gefühl, dass es uns alle jederzeit treffen kann, krochen in uns hoch. Also haben wir uns entschieden dieses Thema, diesen Tod aufzugreifen und unsere Wut und Trauer Ausdruck zu verleihen, in dem Versuch mehr Menschen zu erreichen. Mehr Menschen aus der Schläfrigkeit des Alltags zu rütteln und einen Widerstand gegen diese unglaubliche Art der Staatsgewalt zu forcieren.
Stellen wir uns die Frage : „Warum morden Polizist*innen? Warum erschießen sie einfach so Menschen?“
Die Antwort ist bei genauer Betrachtung leicht. Sie haben keinerlei Konsequenzen und/oder Strafverfolgungen zu befürchten. Nur in gerade mal 6% aller Fälle, in denen wegen unrechtmäßiger Gewaltanwendung gegen Polizist*innen ermittelt wird kommt es überhaupt zur Anklage durch die Staatsanwaltschaften.
Zurück zum Fall Maria. Die Generalstaatsanwaltschaft bestätigte nun, das die Ermittlungsverfahren gegen die vier Bullen eingestellt wurden. Aber scheinbar interessiert das überhaupt niemanden mehr. Nicht das wir überrascht gewesen sind, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu nichts führen. Aber zumindest eine Nachricht wäre es doch Wert gewesen.
„Frau in ihrer Wohnung ermordet – gegen die Täter wird nicht weiter ermittelt!“
Wenn Menschen durch Polizist*innen zu Tode kommen,
hat das immer einen bitteren Beigeschmack. Dieses Jahr mussten bereits zwei Menschen ihr Leben lassen, weil Bullen sie totgefahren haben. In einem Fall haben sie dreister Weise auch noch behauptet, sie hätten Blaulicht angehabt. Später stellte sich raus, dass dies überhaupt nicht stimmte. Das sind 3 Tote innerhalb eines Monats. Aber genau dazu schweigt sie dann, die Polizeipräsidentin Frau Slowik.
Wir schweigen nicht.
Wir möchten Maria gedenken, genau zwei Monate nach ihrer Ermordung. In den vergangenen zwei Monaten, gab es mehrere Versuche eine Gedenktafel an dem Haus zu befestigen. Doch wurde diese bereits drei mal entfernt.
Wir möchten, wenn es schon keine Konsequenzen für die Mörder*innen in Uniform geben wird, wenigstens öffentlich darauf hinweisen, öffentlich Gedenken, damit langsam aber sicher in die Köpfe unserer Mitmenschen einsickert – kein*e Freund*in – kein*e Helfer*in. Nur Mörder*innen!
Wir solidarisieren uns mit allen Betroffenen und Opfern von Polizeigewalt. Wir wünschen allen Angehörigen viel Kraft und Stärke.
Maria, Rest in Power!